: Veit Etzold
: Staatsfeind Thriller
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426444139
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Staatsfeind: Ein packender Politthriller um eine Regierungsverschwörung, die Deutschland für immer verändern könnte Der ehemalige KSK-Soldat Iwo Retzick wird von seinem alten Kameraden Philipp kontaktiert, der als Politiker Karriere macht. Philipp braucht Iwos Hilfe bei einem ungeheuerlichen Vorhaben, das sich zwischen Dubai und Berlin zusammenbraut und die Zukunft der Bundesrepublik für alle Zeiten verändern soll. Doch die Verschwörung reicht bis in die allerhöchsten Kreise von Finanzwesen, Politik und Sicherheitsdiensten. Um sie zu stoppen, muss Iwo von innen agieren. Mit seinem neuen Thriller Staatsfeind liefert Spiegel-Bestseller-Autor Veit Etzold einen weiteren politischen Krimi der Extraklasse. In drastischer Brisanz gepaart mit Expertenwissen rückt er die drei großen Traumata des deutschen Staates - Terrorismus, Totalitarismus und Teilung - in eine erschreckend aktuelle Perspektive. Ein Thriller um Verschwörung, Umsturz und Attentat, der unter die Haut geht.

Prof. Dr. Veit Etzold ist Autor von dreizehn SPIEGEL-Bestsellern. Sein erstes Buch schrieb er im Jahr 2008 mit Prof. Michael Tsokos, dem ehemaligen Chef der Berliner Rechtsmedizin, über spektakuläre Todesfälle in der Forensik. Bevor er zu schreiben anfing, war Etzold Banker, Strategieberater und Programmdirektor in der Management-Ausbildung. Heute arbeitet er als Thriller-Autor und Keynote Speaker. Passend zu seinen Thrillern ist er mit der Rechtsmedizinerin Saskia Etzold (geb. Guddat) verheiratet. Veit Etzold lebt mit seiner Frau in Berlin und Bremen.

Prolog


9. November 1989

Alle Menschen liefen Richtung Westen.

Die zwei Männer gingen Richtung Osten.

Wer an diesem Tag in Berlin war, erlebte Weltgeschichte. Das wussten die beiden Männer, die sich entgegen dem Strom Richtung Osten bewegten und die offene Stelle in der Berliner Mauer am Brandenburger Tor Richtung Pariser Platz durchquerten. Sie wussten auch, dass die Geschichte diejenigen belohnte, die mutig genug waren, in die andere Richtung zu laufen. Zumindest der Ältere der beiden wusste es, und der Jüngere würde es lernen. Tausende von Menschen drängten an ihnen vorbei Richtung Westen. Auf dem Weg zur Straße des 17. Juni.

»Alle wollen raus, wir wollen rein«, sagte der Ältere der beiden. Hermann von Stahleck musste über achtzig Jahre alt sein, doch er bewegte sich immer noch mit der aufmerksamen Angespanntheit eines Mannes, der überall mit Feinden rechnete. »Noch am 7. Oktober hat alles anders ausgesehen. Vierzigster Jahrestag der DDR, im Palast der Republik hörten sie den ›Wach auf‹-Chor aus Wagners ›Meistersingern‹. Aber niemand ist aufgewacht.«

Die vergangenen Wochen waren noch derart präsent, als wären erst ein paar Stunden vergangen. Der 7. Oktober 1989. Sobald Gorbatschow nach den Feierlichkeiten des 7. Oktobers abgereist war, hatte Stasichef Erich Mielke das Ruder übernommen. »Jetzt ist Schluss mit dem Humanismus«, hatte er gesagt und seine Schlägertrupps gegen die Demonstranten losgeschickt, die schon den ganzen Tag auf dem Alexanderplatz protestiert hatten.

»Manches kann man ahnen, aber manches nicht«, fuhr von Stahleck fort. »Nur: Gegen den Strom zu schwimmen hat sich schon oft ausgezahlt, meinen Sie nicht, Cohagen?«

Carl Cohagen war etwa Mitte dreißig. Seine schwarzgrauen Haare waren genauso kurz wie der Bart, der sein Gesicht umrahmte. Seine Augen so schwarz wie der Rahmen seiner Brille. Er zuckte die Schultern, als würde ihm keine passende Antwort einfallen, die gleichzeitig bestätigend und ehrfürchtig genug klang. Denn Ehrfurcht hatte er vor von Stahleck, das musste er zugeben. Vor seinem Wissen, seinen Verbindungen in höchste Kreise und all den Geschichten, die man über ihn erzählte.

Es war bereits geraume Zeit her, dass ein leichter Regen auf den Pariser Platz niedergegangen war. Der nachtschwarze Himmel wie ein dunkles Laken, das nur an einigen Stellen von Lichtstrahlen unterbrochen wurde. Davor Schatten von Menschen, die auf der Mauer tanzten. Ansonsten wenig Wolken an diesem 9. November 1989. Nachts würde es auf zwei Grad abkühlen, und am 10. November würde den ganzen Tag die Sonne scheinen.

Cohagen blickte sich um. Ein Mann um die vierzig mit Wollpullover und Schirmmütze schaute verwundert durch das Loch in der Mauer am Brandenburger Tor. Überall waren Breschen in den Stein geschlagen worden. Hier, am Checkpoint Charlie und an der Bernauer Straße. An der Bornholmer Straße, zwischen Prenzlauer Berg und Wedding, so hieß es, war der Andrang am größten. Die Leute wollten »rüber«, und nichts konnte sie aufhalten. Auch die Grenzsoldaten nicht, die ohne Befehle von oben ratlos die Tausenden von Menschen gen Westen passieren ließen.Schlagbaum hoch lautete dann auch der einzige Befehl, der vonseiten des Stasioberleutnants an diesem Abend gegeben wurde. Der Mann mit Wollpullover und Schirmmütze schaute durch das Loch, ein scheuer Blick auf die andere Seite, ein Blick in ein verbotenes Zimmer, das vorher das Ende der Welt gewesen war. Für achtundzwanzig Jahre. An der Mauer hörte alles auf. Und jetzt war die Mauer gefallen. Sektkorken knallten, Trabants und Wartburgs fuhren über die Straße des 17. Juni Richtung Ku’damm. Weiter im Westen, so sagte man, rund um die Gedächtniskirche, solle es ein riesiges Open-Air-Spektakel geben.

Cohagen schaute nach Süden Richtung Potsdamer Platz. Dort waren ganz