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Jacob ging schnell vor seinem kleinen Bruder, die Hände tief in die Hosentaschen geschoben, sein Atem hauchte in der frostigen Dezemberluft. Sein Bruder Ryan trug den Karton mit Eiern, den sie soeben in einem kleinen Lebensmittelgeschäft in der Nähe gekauft hatten – mit dem Geld, das sie ihrer Mutter aus dem Portemonnaie entwendet hatten.
»Erstens, weil der alte Knacker ein totaler Arsch ist«, sagte Jacob. »Zweitens, weil er einrassistischer Arsch ist. Er hat die Nguyens angeschrien und ›Schlitzaugen‹ genannt, weißt du noch?«
»Ja, aber –«
»Drittens, weil er sich in der Kassenschlange im C-Town vorgedrängelt und mich wüst beschimpft hat, als ich ihm gesagt habe, das ist nicht fair. Du erinnerst dich doch noch daran, oder?«
»Ja, klar. Aber –«
»Viertens, er stellt in seinem Garten diese dämlichen Schilder mit Politsprüchen auf. Und weißt du noch, als er Foster mit einem Schlauch bespritzt hat, nur weil der durch seinen Garten gelatscht ist?«
»Jaa, aber …«
»Aberwas?« Jacob drehte sich mitten auf der Straße um und starrte seinen jüngeren Bruder wütend an.
»… wenn er nun eine Waffe besitzt?«
»Er wird schon nicht zwei Jungs abknallen! Egal, wir sind längst wieder weg, bevor der verrückte alte Sack überhaupt spitzgekriegt hat, was passiert ist.«
»Vielleicht gehört er der Mafia an.«
»Wie bitte? Bei einem Namen wie Bascombe? Jaa, garantiert! Würde er Garguglio oder Tartglia heißen, würden wir das hier nicht machen. Er ist nur irgend so ’n alter Sesselpupser, dem man mal einen Denkzettel verpassen muss.« Plötzlich schaute er Ryan misstrauisch an. »Du willst dich doch wohl nicht drücken, oder?«
»Nein, nein.«
»Also gut. Auf geht’s.«
Jacob drehte sich um, ging die 84. Avenue entlang und bog dann in die 122. Straße. Dort ging er langsamer und betrat den Bürgersteig. Dabei bewegte er sich ganz locker, ein bisschen so, als mache er einen Abendspaziergang. Die Straße säumten überwiegend Einfamilienhäuser und Doppelhäuser, die typisch für das Wohnviertel hier in Queens waren. Weihnachtsbeleuchtung schmückte alle Häuser.
Er ging noch langsamer. »Schau dir das Haus des Alten an«, sagte er zu seinem Bruder. »Stockdunkel. Das einzige, in dem kein Licht brennt. Was für ein Grinch.«
Das Haus lag am Ende der Straße. Das Licht der Straßenlaternen, das durch die kahlen Bäume schien, warf ein Spinnennetz aus Schatten auf den gefrorenen Boden.
»Okay, wir schlendern hier lang, als wäre nichts passiert. Du machst den Karton auf, wir werfen ein paar Eier auf seinen Wagen, dann rennen wir um die Ecke und gehen einfach weiter.«
»Er wird wissen, dass wir’s gewesen sind.«
»Machst du Witze? Nachts? Außerdem hassen ihn alle Kids im Viertel. Die meisten Erwachsenen auch. Jederhasst ihn.«
»Was, wenn er uns verfolgt?«
»Der alte Knacker? Der würde in null Komma nix einen Herzinfarkt kriegen.« Jacob kicherte. »Wenn wir die Eier hier auf seinen Wagen werfen, gefrieren die, und zwar auf der Stelle. Ich wette, er muss die Karre zehnmal waschen, nur um die Eier wieder abzubekommen.«
Jacob ging weiter auf dem Bürgersteig und näherte sich dem Haus. Mittlerweile bewegte er sich vorsichtiger. Aus einem der großen Fenster des Ranchhauses mit zwei Ebenen drang ein bläulicher Lichtschein: Bascombe sah fern.
»Da kommt ’n Wagen!«, sagte Jacob im Flüsterton. Sie versteckten sich in einem Gebüsch, als ein Fahrzeug um die Ecke bog und die Straße heruntergefahren kam. Die Scheinwerfer erhellten die gesamte Umgebung. Nachdem es vorbeigefahren war, spürte Jacob sein Herz schlagen.
Ryan sagte: »Vielleicht sollten wir doch nicht …«
»Halt die Klappe.« Er trat aus dem Gebüsch. Die Straße war heller erleuchtet, als ihm lieb war, was nicht nur an den Straßenlaternen lag, sondern auch an den Weihnachtsdekorationen – überall in den Vorgärten erleuchtete Weihnachtsmänner, Rentiere und Krippendarstellungen. Immerhin, Bascombes Haus war etwas dunkler.
Jetzt schlichen sie sich ganz langsam an, wobei sie sich im Schatten der am Straßenrand geparkten Pkws hielten. Bascombes Wagen, ein grüner Plymouth Fury, Baujahr 71, den er je