: Robin Hobb
: Prophet der sechs Provinzen Roman
: Penhaligon
: 9783641183691
: Das Erbe der Weitseher
: 1
: CHF 8.10
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: Fantasy
: German
: 896
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein alter Feind, ein neues Bündnis - doch niemand vertraut dem anderen.
Fitz Weitseher hat Prinz Pflichtgetreu befreit und ist mit ihm nach Bocksburg zurückgekehrt. Nun steht der Heirat des Prinzen mit Prinzessin Elliania von den Roten Korsaren scheinbar nichts mehr im Weg. Doch die Anspannung im Volk der Sechs Provinzen und der Widerstand der Adligen wächst stetig, und selbst Bocksburg ist nicht mehr sicher. Widerstrebend willigt Fitz ein, den Prinzen zu beschützen und ihn in der Gabe zu unterrichten. Da trifft er auf einen Anwender dieser magischen Fähigkeit, der sie weit effektiver als er selbst einzusetzen vermag; von dem niemand wusste - und der Haus Weitseher zu Grunde richten könnte ...

Dieses Buch ist bereits unter dem Titel »Der goldene Narr« im Bastei-Lübbe Verlag erschienen.



Robin Hobb wurde in Kalifornien geboren, zog jedoch mit neun Jahren nach Alaska. Nach ihrer Hochzeit ließ sie sich mit ihrem Mann auf Kodiak nieder, einer kleinen Insel an der Küste Alaskas. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichte. Seither war sie mit ihren Storys an zahlreichen preisgekrönten Anthologien beteiligt. Mit »Die Gabe der Könige«, dem Auftakt ihrer Serie um Fitz Chivalric Weitseher, gelang ihr der Durchbruch auf dem internationalen Fantasy-Markt. Ihre Bücher wurden seither millionenfach verkauft und sind Dauergäste auf der New-York-Times-Bestsellerlist . Im November 2021 wurde ihr der renommierte World Fantasy Award für ihr Lebenswerk verliehen. Robin Hobb hat vier Kinder und lebt heute in Tacoma, Washington.

Prolog

Den Verlust eines Geschwistertieres kann man jemandem, der nicht über die Alte Macht verfügt, nur schwer erklären. Jene, die beim Tod eines Tieres sagen: »Es war doch nur ein Hund«, werden nie verstehen können, wie es sich anfühlt. Andere, mitfühlendere Naturen können es sich wie den Tod eines geliebten Haustieres vorstellen. Aber selbst jene, die meinen, »es muss wie der Verlust eines Kindes oder einer Ehefrau sein«, sehen nur eine Facette des wahren Schmerzes. Der Verlust eines Lebewesens, mit dem man verschwistert war, ist viel schlimmer als der Verlust eines Gefährten oder eines geliebten Menschen. In meinem Fall war es, als hätte man mir plötzlich die Hälfte meines Selbst amputiert. Mein Sehvermögen war eingeschränkt und mein Appetit gedämpft, das Essen roch einfach nur langweilig. Mein Gehör hatte stark nachgelassen, und …

Das Manuskript, das ich so vor vielen Jahren begonnen hatte, endet in einem Gewirr von Klecksen und wütenden Strichen. Ich kann mich genau an den Augenblick erinnern, an dem ich erkannt habe, dass ich von einer allgemeinen Beschreibung zu einem Bericht über meinen persönlichen Schmerz übergegangen war. Es gibt Kniffe und Falten in der Schriftrolle, die daher rühren, dass ich sie vor Wut immer wieder auf den Boden geworfen habe und darauf herumgetrampelt bin. Das Wunder dabei ist, dass ich sie zum Glück nur zur Seite getreten und nicht direkt ins Kaminfeuer befördert habe. Ich weiß nicht, wer schließlich Mitleid mit dem elenden Ding bekam und es in mein Regal einreihte. Vielleicht war es Dick mit seiner methodischen, gedankenlosen Art. Ich selbst jedenfalls kann zwischen meinen eigenen Texten keinen finden, der es verdient hätte, gerettet zu werden. Meine literarischen Bemühungen scheinen mir in der Regel mehr schlecht als recht zu sein.

Meine verschiedenen Versuche, eine Geschichte der Sechs Provinzen zu verfassen, verwandelten sich häufig zu einer Geschichte über meine Welt und mein Leben. Bei einer Abhandlung über Kräuterkunde wanderte meine Feder zu den unterschiedlichen Behandlungsmethoden bei Gabenleiden. Meine Studien über die Weißen Propheten verloren sich völlig in deren Beziehungen zu ihren Katalysten. Ich weiß nicht, ob es mein Dünkel ist, der meine Gedanken immer wieder auf mein eigenes Leben lenkt, oder ob mein Schreiben nur meinen armseligen Versuch darstellt, mir selbst das Leben zu erklären. Die Jahre sind zu Dutzenden gekommen und wieder gegangen, und noch immer nehme ich Nacht für Nacht die Feder in die Hand und schreibe. Noch immer strebe ich danach zu verstehen, wer ich bin. Der Vorsatz »das nächste Mal werde ich es besser machen« ist nicht viel mehr als die Selbsttäuschung, dass es auch ein »nächstes Mal« geben wird.

Als ich Nachtauge verloren hatte, hatte ich nicht an dieses nächste Mal geglaubt. Ich hatte mir nie fest vorgenommen, wieder eine Bindung einzugehen und es mit dem nächsten Geschwistertier besser zu machen. Solch ein Gedanke wäre Verrat gewesen. Nach Nachtauges Tod war ich vollkommen leer. In den darauffolgenden Tagen ging ich verwundet durchs Leben, ohne überhaupt zu bemerken, wie verstümmelt ich war. Ich war wie ein Mann, der über das Jucken in seinem amputierten Bein klagt. Das Jucken lenkt vom ungeheuerlichen Wissen ab, dass man fortan durchs Leben humpeln wird. So verbarg die unmittelbare Trauer über Nachtauges Tod das wahre Ausmaß des Schadens, den ich erlitten hatte. Ich war verwirrt, hielt meinen Schmerz und meinen Verlust für ein und dasselbe, wo in Wirklichkeit das eine doch das Symptom des anderen war.

Auf seltsame Art war es wie ein zweites Mündigwerden. Diesmal hatte es jedoch nichts mit dem Erreichen des Mannesalters zu tun, sondern