Palo Duro Canyon, Texas, September 1874
Das Püppchen war ein Geschenk ihres Bruders und bestand aus trockenem Präriegras, das an der Taille und unter dem Hals mit festerem Süßgras zusammengebunden war. Die Augen bestanden aus zwei angenähten Glasperlen, die sie in Fort Sill von einem Händler erhalten hatten, der Tauk und die anderen Kiowa-Kinder gemocht hatte.
Tauk vermisste das Püppchen.
Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit hatte es die Zehnjährige nicht unter den Ledergürtel gesteckt, als sie an der Seite ihrer Mutter das Teepee verlassen hatte. Sie hatte das Püppchen in dessen Bett an der Feuerstelle gelassen, wo es – so hatte Tauk gedacht – an diesem kühlen Morgen nicht frieren würde.
Jetzt hing Tauk an der Hand ihrer Mutter und wollte zurück.
Sie hatten die Warnrufe der Krieger gehört, die mit weit aufgerissenen Augen und Blut auf den Armen von den Pferden gesprungen und ihnen atemlos von den Weißen im Tal berichtet hatten. Die Fremden trügen Feuerrohre bei sich und hätten bereits den Häuptling der Komantschen erschossen.
Sehnsüchtig sah sich Tauk nach dem Teepeedorf um.
Sie waren erst hundert oder zweihundert Schritte gegangen, zu weit, um das Püppchen noch zu holen und zu nah, um es im Stich zu lassen. Tauk stellte sich ihren Bruder vor, seine hohen Wangenknochen, die ruhigen Augen, die vor Kummer trüb werden würden, sobald er erfuhr, dass sie sein Geschenk zurückgelassen hatte.
Vielleicht war er auch stolz auf Tauk.
Vor sieben Monden waren Tauankia und Tauk bei Nacht durch das Gras gestreift, waren einem schwarzfüßigen Iltis gefolgt, der sich aus seinem Erdloch gewagt hatte. Das Tier narrte sie einige Male und lotste sie durch das halbe Tal, ehe es Tauankia mit einem Pfeil erschoss.
Tauk hatte den Pfeil aus dem Fell ziehen dürfen.
»Versprich mir, kleine Schwester«, hatte Tauankia damals zu ihr gesagt, »dass du immer gehorsam sein wirst. Es sind schlimme Zeiten für unseren Stamm. Es werden Bleichgesichter kommen, die nach unserem Blut verlangen und uns aus dem Tal vertreiben.«
Die Worte aus Tauankias Mund hatten so ernst und traurig geklungen, dass sich Tauk in der folgenden Nacht an das Püppchen gekuschelt und ihm von den Befürchtungen erzählt hatte. Sie hatte ihm gesagt, dass Mutter ganz aufgelöst sei, dass sie vor dem Teepee auf und ab schreite.
Das Püppchen hatte Tauk betrübt aus seinen Glasperlenaugen angeschaut.
»Wohin willst du?«, erklang plötzlich die Stimme ihrer Mutter. Sie riss Tauk