1. KAPITEL
Das Läuten des Telefons ging fast im Lärm unter, als sich die Familie Roselli in der Küche zum Abendessen versammelte.
Der Raum war nicht besonders groß. Wäre die gesamte Familie hier gewesen, hätte man an den wuchtigen Holztisch unter der mit Weinreben bewachsenen Pergola draußen im Hof ausweichen müssen. Was schwierig geworden wäre, da es in Strömen regnete. Tropischer Regen, wie man ihn im Norden Australiens gewohnt war und der binnen Sekunden alles durchnässte. Dagegen bot auch das dichte sattgrüne Weinlaub keinen Schutz.
Also quetschten sich die Rosellis in die Küche. Der Tisch nahm die eine Hälfte ein und bot Platz für zehn Personen, wenn sie dicht zusammenrückten. Die andere Hälfte mit Arbeitsplatte, Herd und Ofen war unbestritten Adriana Rosellis Reich. Dass zusätzlich auch ein Rollstuhl manövriert werden musste, machte die Sache nicht einfacher, und genau deshalb war der Geräuschpegel gerade ziemlich hoch.
„Au … Das war mein Fuß! Kannst du nicht aufpassen, Fiona?“
„Wenn du dich nicht mit deiner schrecklichen Musik zudröhnen würdest, hättest du uns kommen sehen. Mach dich mal dünn, Guy!“
„Erst entschuldigst du dich. Du hast mir bestimmt den Zeh gebrochen.“
„Du solltest dich entschuldigen! Siehst du, jetzt hast du Angel zum Weinen gebracht …“
„Vorsicht! Wenn mir diese Lasagne hinfällt, habt ihr ein Problem.Mamma mia …“ Adriana hob rasch die große dampfende Auflaufform höher, als ihr jüngster Sohn die Ellbogen einsetzte, um an ihr vorbei zu seinem Stuhl zu gelangen. „Wann werden sich meine Kinder jemals ihrem Alter entsprechend verhalten? Womit habe ich das verdient? Lia, warum ist das Brot noch nicht auf dem Tisch?“
„Kommt sofort … Oh, ist das das Telefon?“
Es dauerte einen Moment, bis die anderen begriffen. Adriana ließ die Lasagne in die Mitte des Tisches plumpsen und schlug die Hände vor den Mund, bevor sie – wie auch alle anderen, bis auf Angel – Nico anstarrte.
War es der Anruf, auf den sie den ganzen Tag gewartet hatten?
„Ich gehe ran.“
„Nein, ich!“
„Es ist bestimmt für Nico. Er sollte rangehen.“
Doch Nico sah aus wie ein Opossum im Scheinwerferlicht … zu verängstigt, um sich rühren zu können.
„Ich gehe.“ Lia hielt den Korb mit frisch gebackenem, duftendem Brot ihrem Bruder Guy hin. Aber der hatte die Augen geschlossen und bewegte den Kopf zu dem hypnotisierenden Beat in seinen Ohren.
Außerdem war ihre jüngere Schwester Elena schneller.
„Lia? Ist für dich.“
„Was?“ Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Wer rief sie an ihrem freien Tag an? Ihr Leben bestand aus Arbeit und ihrer Familie. Für mehr war kein Platz, und sie wollte es auch gar nicht anders haben. Sie liebte ihr Zuhause und jeden Einzelnen dieser verrückten, lebhaften, lauten Familie von ganzem Herzen.
„Sag ihnen, dass ich zurückrufe. Ich bin beschäftigt.“
Lia stellte das Brot neben eine der Salatschüsseln und lächelte ihrem Vater zu, der am Kopfende saß und stumm darauf wartete, dass das Chaos sich legte. Danach warf sie einen prüfenden Blick auf Teller, Gläser und Besteck. Elena war fürs Tischdecken zuständig gewesen. Wo war das Spezialbesteck, das Angel brauchte, um selbstständig zu essen?
„Es ist