: Erin Beaty
: Vertrauen und Verrat (Kampf um Demora 1) Liebesroman und Teil 1 der mitreißenden Serie »Kampf um Demora«
: Carlsen Verlag GmbH
: 9783646922578
: Kampf um Demora
: 1
: CHF 8.80
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: German
: 496
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit einem Mann verheiratet zu werden, den sie noch nie getroffen hat: für Sage der absolute Albtraum, doch Tradition im Reich Demora. Um dem zu entgehen, beginnt Sage eine Lehre bei einer Kupplerin und begleitet zehn junge Damen aus adeligen Familien zum großen Verkupplungsball. Ihre Aufgabe ist es, die Bräute - und die Soldaten, die auf der Reise für ihre Sicherheit sorgen - zu bespitzeln. Denn im Reich braut sich ein Krieg zusammen. Schon bald findet Sage sich zwischen den Fronten wieder. Und sie, die nie heiraten wollte, stolpert geradewegs auf eine große Liebe zu. Doch wem kann sie wirklich trauen? Dies ist der erste Band der Fantasy-Serie »Kampf um Demora«. Alle Bände der Serie mit Suchtgefahr: Vertrauen und Verrat (Band 1) Liebe und Lügen (Band 2) Gefühl und Gefahr (Band 3)

Erin Beaty hat Raumfahrttechnik und Deutsch studiert und für die US-Marine gearbeitet, bevor sie sich ganz ihrer Familie und dem Schreiben widmete. Es verblüfft sie immer wieder, dass Menschen die Geschichten, die ihrer Fantasie entspringen, tatsächlich lesen wollen. Mit ihrem Mann, ihren fünf Kindern und zwei Katzen hat sie schon an vielen unterschiedlichen Orten gelebt.

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Onkel William war schon mehr als eine Stunde zurück und hatte sie immer noch nicht zu sich gerufen.

Sage saß an ihrem Schreibtisch im Unterrichtsraum und musste sich zusammennehmen, um nicht herumzuzappeln. Jonathan hampelte ständig während ihrer Stunden herum, sei es aus Langeweile oder aus Unmut darüber, dass sie – ein Mädchen, das nur wenig älter war als er – seine Lehrerin war. Ihr machte das nichts aus, aber sie würde ihm keinen Grund bieten, sie zu verspotten. Im Augenblick saß er über eine Landkarte von Demora gebeugt, die er richtig beschriften musste. Er gab sich bei solchen Aufgaben nur dann Mühe, wenn seine Geschwister ähnliche bewältigen mussten, die er mit seinen vergleichen konnte. Das hatte Sage früh erkannt und nutzte es zu ihrem Vorteil, um seiner Geringschätzung entgegenzuwirken.

Sie machte eine Faust, um nicht mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln, während ihr Blick zum Fenster flog. Auf dem Hof herrschte geschäftiges Treiben. Hausangestellte und Hilfsarbeiter klopften Teppiche aus und legten Heulager für den kommenden Winter an. Ihre Verrichtungen verbanden sich mit dem steten Quietschen der voll beladenen Getreidewagen auf der Straße zu einem Rhythmus, der sie sonst stets beruhigte, nur heute nicht. Ihr Onkel, Lord Broadmoor, war an diesem Morgen nach Garland Hill aufgebrochen, ohne zu sagen, was er dort vorhatte. Und als er am frühen Nachmittag zurückgekehrt war, hatte er mit süffisantem Blick zum Fenster des Unterrichtsraums hochgeschaut, bevor er dem Stallburschen die Zügel überlassen hatte.

Seitdem wusste sie, dass er ihretwegen unterwegs gewesen war.

Wenn man bedachte, wie kurz er fort gewesen war, konnte er sich nur eine Stunde in der Stadt aufgehalten haben, was in gewisser Weise schmeichelhaft war. Irgendwer hatte eingewilligt, sie als Lehrling zu nehmen – der Kräuterhändler oder der Kerzenmacher oder vielleicht auch der Weber. Wenn es nötig war, würde sie auch den Boden in der Werkstatt des Hufschmieds fegen. Und sie konnte ihren Lohn für sich behalten. Die meisten Mädchen, die arbeiteten, mussten ein Kloster-Waisenhaus oder eine Familie unterstützen, doch die Broadmoors brauchten das Geld nicht, und da Sage ihre Kinder unterrichtet hatte, schuldete sie ihnen nichts und würde ihren Lohn behalten können.

Sie schaute zu dem breiten Eichentisch hinüber, an dem Aster konzentriert über ihrer eigenen Landkarte saß; sie kniff die Augen zusammen und hielt den Buntstift ungeschickt in ihren pummeligen kurzen Kinderfingern. Gelb für Crescera, die Kornkammer Demoras, wo Sage in einem Umkreis von achtzig Kilometern ihr gesamtes Leben verbracht hatte. Während die fünfjährige Aster ihren gelben Stift gegen einen grünen austauschte, versuchte Sage zu überschlagen, wie viel Geld sie wohl zusammensparen musste, bevor sie darüber nachdenken konnte, von hier fortzugehen. Aber wohin sollte sie gehen?

Lächelnd ließ sie den Blick zu der Karte an der gegenüberliegenden Wand schweifen. Berge, die bis in die Wolken aufragten. Meere, die nirgends endeten. Städte, die brummten wie Bienenkörbe.

Egal wohin.

Onkel William wollte sie genauso gern loswerden, wie Sage weggehen wollte.

Warum hatte er sie also noc