: Simone Hirth
: Bananama Roman
: Verlag Kremayr& Scheriau
: 9783218011143
: 1
: CHF 8.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was ist grün und klopft an die Tür? Wer schreit im dunklen Wald von Bananama? Und warum verschließen die Eltern das Haus? Fragen, die sich ein sechsjähriges Mädchen stellt. Sie lebt mit ihren Eltern, selbst ernannten Aussteigern, in einem Haus am Waldrand. Mit Befremden erzählt sie von der Veränderung ihrer Eltern, die jeden Tag merkwürdiger werden. Je wahnhafter sie an ihrer Vision von Bananama festhalten, desto weniger lässt sich die 'Welt da draußen' verleugnen. Eines Morgens liegt ein toter Mann im Gemüsebeet. Die diffuse Angst des Kindes bekommt ein Gesicht. Und in Bananama bleibt nichts, wie es war. Auf beklemmende Weise geht Simone Hirth den Widersprüchen und Absurditäten unserer Gesellschaft auf den Grund. Dabei kratzt sie mit herrlich ironischem Blick an der Utopie eines sicheren Lebens, bis diese endgültig zerbricht. 'Wenn wir jetzt die Tür immer zusperren müssen, sind wir dann eingesperrt in Bananama, sind wir dann nie wieder frei?'

Simone Hirth, geboren 1985 in Freudenstadt, aufgewachsen in Lützenhardt. Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Nach diversen Umzügen und Aushilfsjobs lebt sie heute als freischaffende Autorin und Lektorin in Kirchstetten (Niederösterreich). Verschiedene Preise und Stipendien, zuletzt: Anerkennungspreis für Literatur des Landes Niederösterreich, Start-Stipendium des BMUKK, Schwäbischer Literaturpreis, Hans-Weigel-Literaturstipendi m. Ihr Debütroman 'Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft' wurde für den Alpha Literaturpreis nominiert.

Ich bin nackt. Es ist Sommer, Nachmittag, und so heiß, dass man selbst im Schatten des Walnussbaums nicht friert. Ich erweitere meinen Friedhof.

Ich bin, wie meistens, allein. Das heißt, ohne andere Kinder. Vater sagt, wir sind Aussteiger. Aussteiger sein bedeutet, das einzige Kind zu sein, das an einer Bushaltestelle aus dem Schulbus aussteigt. Die anderen Kinder bleiben sitzen und fahren weiter in die umliegenden Dörfer, wo sie in Grüppchen aussteigen und in Grüppchen nach Hause gehen. Ich bin mein eigenes Grüppchen. Meine Bushaltestelle ist keine Haltestelle, sondern ein Holzpfahl am Rand der Landstraße, den Vater in den Boden geschlagen und auf den er ein Schild genagelt hat. Auf dem Schild steht in großen, schiefen, bunten Buchstaben: Bananama. Vater sagt, es hat eine Menge Nerven und viel Zeit auf Ämtern gekostet, dieses Schild genehmigen zu lassen und das örtliche Busunternehmen dazu zu bringen, den Schulbus dort für mich anzuhalten. Vater sagt: Die Leute verstehen keinen Humor.

Wir essen niemals Bananen. Vater mag keine Bananen und Mutter sagt: Die brauchen wir nicht. Oder fehlen sie dir?

Ich schüttle den Kopf.

Vater sagt: Du kannst jederzeit Bananen haben, wenn du Bananen willst, mein Kind. Aber du solltest wissen, woher diese Bananen kommen, unter welchen Bedingungen die Leute, die sie anbauen und ernten, leben müssen, unter welchen Bedingungen die Bananen dann zu uns gelangen und wer sich an diesen Bananen bereichert. Du solltest wissen, dass es einmal ein Land gab, in dem die Leute keine Bananen bekommen haben, weil das politische System dieses Landes Bananen nicht vorgesehen hatte. Die Leute in diesem Land haben sich aber so sehr Bananen gewünscht, dass mehr und mehr Leute das Land verließen. Und als es das Land schließlich nicht mehr gab und die Leute Bananen kaufen konnten, so viele sie wollten, da stellten sie fest, dass Bananen gar nicht so wichtig sind. Sie schmecken zwar, aber nicht so überragend gut, dass man sie unbedingt braucht, um glücklich zu sein. Verstehst du, was ich meine?

Das Wort Banane habe ich längst schon beerdigt.

Vater sagte einmal, man muss seine Angst beerdigen. Ich wusste damals noch nicht, was beerdigen heißt. Ich fragte: Was ist das? Vater sagte: Man gräbt etwas in der Erde ein und dann wachsen schöne Blumen darüber, oder Beerensträucher, oder Bäume.

Ich versuchte es also, sobald ich einen Spaten besaß und der Boden getaut