: Renate Weber
: Spiegelbruch
: neobooks Self-Publishing
: 9783742753045
: 1
: CHF 2.70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 117
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die 17-jährige Johanna lebt nach einem Schicksalsschlag sehr zurückgezogen. Das ähnliche Schicksal eines Mitschülers hilft ihr, sich ihm zu öffnen. Doch schon im Anfang der sich langsam findenden Liebe stellt Alexanders mysteriöses Verschwinden alles auf den Kopf. Er durchlebt ein Martyrium und Johanna kann den erneuten Verlust kaum ertragen. Die Wiederannäherung bringt jedoch wenig Freude, dafür große Gefahren mit sich. Gemeinsam müssen sie über ihr Schicksal entscheiden.

Renate Weber, geboren 1969 in München. Schon in jungen Jahren mit Büchern aufgewachsen, entstand eine große Freude am Lesen und die beständige Liebe zu Büchern. Auch in ihrer Arbeit mit Kindern liegt ein Schwerpunkt bei Märchen und Geschichten. So kam der Wunsch selbst zu schreiben ganz natürlich .

Der Abschied



Ein schrilles Piepsen holte Jo aus ihren Träumen. Sie tastete mit geschlossenen Augen nach ihrem Handy um diesen grausamen Weckruf zu beenden. Ihre Augen konnte sie gar nicht öffnen. Es war viel zu hell im Zimmer. Fenster ohne Vorhänge an einem sonnigen Morgen.

‚Wie konnte an so einem schrecklichen Tag die Sonne scheinen? ‘, überlegte Johanna blinzelnd und öffnete langsam ihre Augen. Jetzt konnte sie sie sehen, die tanzenden Staubkörnchen, die auf dem Sonnenstrahl durchs Zimmer flogen.


Jo folgte ihnen mit ihren Augen und blieb auf der Wand gegenüber dem Fenster hängen. Eine mintfarbene Wand mit vielen Flecken. Flecken die zurück blieben, hier in ihrem Zimmer, weil alle Bilder abgenommen waren.

Wie sehr hatte sie dieses Zimmer geliebt. Vollgepflastert mit Fotos von Freunden und Urlauben und behängt mit ihren eigenen Bildern. Kunstwerken, wie ihr Vater stets bemerkte, denen er immer Beachtung schenkte. Durch zahllose Besuche von Vernissagen und Mal- und Zeichenkursen hatte er ihre Begabung stets gefördert.


Jetzt waren alle Bilder fort, fort wie ihr Vater und nun würde auch sie diesen Ort verlassen. Ihre Mutter konnte sich dieses Haus nach dem Tod ihres Vaters nicht mehr leisten. Jo lies ihren Blick weiter durch das Zimmer schweifen.

Sie betrachtete die dunkel gewordene Holzverkleidung der Dachschrägen. Sie war übersäht mit zahlreichen kleinen Löchern von Nadeln und Reißnägeln. Narben aus der Zeit ihrer Kindheit, in der viele gebastelte Mobiles und gemalte Bilder aufgehängt werden mussten. Erinnerungen an Zeiten, in denen sie oftmals ihr Zimmer umgeräumt hatte, drängten herauf. Sie war mehr als einmal auf der Suche nach gemütlicheren Nischen für Ruheplätze zum Lesen oder Malen gewesen. Darin fand sie immer die Geborgenheit die sie brauchte.


Doch nun war die letzte Nacht vorüber. Mit offenen Augen war sie auf der Matratze auf dem Boden liegen geblieben, um sich die wunderbaren Erinnerungen ihrer unbeschwerten Kindheit an diesem letzten Morgen in Erinnerung zu rufen. Jetzt lag nur noch die Matratze mit dem Bettzeug auf dem Boden unter ihr. Am Fußende ein Häufchen frischer Klamotten, die sie heute am Umzugstag tragen wollte.


Der Holzboden war leer und kalt. Jo’s Blick fiel auf diese verflixte Diele gleich neben der Tür, die immer ein Stück heraus stand, weshalb sie ständig mit den Socken daran hängengeblieben war. Jeden Winkel dieses Zimmers ihrer glücklichen Kindheit würde sie vermissen. Eine Kindheit, die jetzt vorbei war und sie in eine ungewisse Zukunft schickte. Jo s