Kapitel 2
In welchem unser Held von einer neuen Plage
heimgesucht wird
Mylord?«
Lord Devellyn war es, als dränge die Stimme aus weiter Ferne zu ihm. Eine körperlose Stimme. Eine nervtötende Stimme. Der Marquis brummte in der Hoffnung, sie möge verstummen. Er wollte seine Ruhe.
»Bitte, Mylord, öffnen Sie die Augen.«
Devellyns Brummen wuchs sich zu einem Knurren aus.
»Bitte Mylord. Sehen Sie mich an.« In der Stimme schwang nun Ungehaltenheit mit. »Sie können unmöglich hier liegen bleiben.«
»Gestern Abend ist es mir nicht mal gelungen, ihm den Gehrock auszuziehen«, drang eine zweite Stimme durch den Nebel zu ihm. »Meinen Sie, es ist schlimm um ihn bestellt? Sieht aus, als hätte er geblutet. Vermutlich wieder eine Prügelei. Was denken Sie, Honeywell, ist das hier Blut? Hier auf dem Kragen, meine ich.«
»Fenton, wenn Sie es genau wissen wollen, es interessiert mich nicht.« Die erste Stimme klang nun ernsthaft verärgert. »Mylord? Ich sage es ungern noch einmal, aber Sie müssen aufstehen. Zimmermann Brampton und seine Gehilfen sind bereits gegangen. Ich fürchte, wir haben schlechte Nachrichten für Sie.«
Schlechte Nachrichten. Zwei Worte, die es schafften, bis zu seinem Verstand vorzudringen. Zwei alte Bekannte. Schlechte Nachrichten. Er hasste diese Wortkombination. Unter großer Kraftanstrengung bracht er ein Blinzeln zustande. Über ihm schwebten vier Augen. Oder waren es sechs?
»Er kommt wieder zu sich, Fenton«, sagte die eine Stimme erleichtert. »Helfen Sie mir, ihn in eine sitzende Position zu bringen.«
Der Marquis spürte, wie vier Arme an ihm rissen, als wäre er ein Sack Mehl, und wie ihm hastig ein Kissen in den Rücken geschoben und seine Füße aufgestellt wurden.
Die beiden Nervensägen hatten es geschafft. Jetzt war er einigermaßen wach.
Fenton, Lord Devellyns Kammerdiener, legte die Stirn in Falten. »Warum haben Sie bei Ihrer Rückkehr nicht direkt nach mir geläutet, Sir?«, erkundigte er sich und rang die Hände. »Es kann doch nicht besonders behaglich sein, die Nacht auf dem Sofa zu verbringen. Ganz zu schweigen von der Schweinerei auf dem Boden.«
»Welche Schweinerei?«, murmelte Devellyn und blinzelte.
Sein Butler Honeywell zog einen kleinen Tisch heran, und wie von Zauberhand wurde ein Tablett darauf abgestellt.
»Dort!«, sagte Honeywell. »Wie ich bereits sagte, Mylord. Die Zimmerleute sind fort. Aber ich fürchte, der Fußboden im blauen Salon ist nicht mehr zu retten.«
Fußboden. Welcher Fußboden?
Mit einem süffisanten Lächeln goss Fenton Kaffee in eine Tasse.
»Mir scheint, Ihnen stehen harte Zeiten bevor«, fuhr Honeywell mit unheilvoller Stimme fort und bediente sich eines harten und fast schon unhöflichen Tons.
»Was redet ihr denn da?«, blaffte Devellyn die beiden an und beäugte misstrauisch den Kaffee. »Ich liebe Unannehmlichkeiten, finde sie … nehme sie gerne an.«
Honeywell faltete die Hände wie ein frommer Landpfarrer. »Aber Mylord, ich fürchte, das Haus leidet unter …« – um die Spannung zu steigern, legte er eine Kunstpause ein – »… Klopfkäfern.«
Devellyn verschluckte sich fast an seinem Kaffee. »Klopf-was?«
»Klopfkäfer, Mylord«, wiederholte der Butler wichtigtuerisch. »Erinnern Sie sich an das Knarzen und Knirschen im blauen Salon? Die Biester haben den Fußboden in einen Schweizer Käse verwandelt und jetzt die beiden Treppenhäuser in Angriff genommen. Stufen, Geländer, einfach alles. Brampton meinte, es