02. KAPITEL
ICH BIN ACID UND KALI SCHLÄGT MICH GERN
Die schwarzhaarige Klosterschülerin musterte mich immer noch mit einem gewissen Argwohn in ihren dunkelbraunen Augen. Jedes normale Mädchen wäre vor Freude oder Aufregung augenblicklich in Ohnmacht gefallen, wenn jemand wie ich sie um Nachhilfe gebeten hätte. Schließlich würde diese »Nachhilfe« in einem gar nicht mal so unwahrscheinlichen Fall in meinem Bett enden. Selbst mit diesem speziellen Exemplar von Mädchen würde ich vielleicht nach ein paar Verbesserungskuren etwas anfangen. Hässlich war sie schließlich nicht und ich war mir ziemlich sicher, dass sie gut singen konnte. Ihre Lustschreie klangen sicherlich auch wie Musik in meinen Ohren.
»Nein«, sagte sie überraschend. »Und hör auf, mich anzuglotzen, als wäre ich dein Frauchen! Ich streichele dir nicht über den Kopf und sage dir, dass du« – Sie formte mit ihren Fingern irgendwelche komischen Zeichen – »ja, sooo ein braver Junge bist. Dieser dämliche Dackelblick zieht nicht bei mir.«
Für einen Augenblick war ich völlig perplex. Hatte mich dieses Mädchen gerade beleidigt?Mich? Den heißbegehrtesten Typen der gesamten Schule? Und ich dachte, dass es nichts mehr auf dieser Welt gab, dass mich schocken konnte, nachdem ich mit eigenen Augen gesehen hatte, wie Simon eine Tätigkeit ausführte, die er »putzen« nannte. Am Ende war die Wohnung mindestens fünfmal dreckiger als vorher gewesen.
»Zoey!«, quiekte ihre bunthaarige Sitznachbarin.
Im Gegensatz zu ihrer Klassenkollegin wusste sie, der Blässe in ihrem Gesicht und der grünlichen Färbung um ihre Nase nach zu urteilen, wohl sehr genau, wen sie hier vor sich hatte.
Zoey schnaubte nur und rümpfte pikiert die Nase. Ihr war es wirklich egal, wer ich war!
Ich konnte unmöglich einen lauten Lachanfall zurückhalten. Ihr Verhalten war irgendwie lächerlich – aber auch sehr außergewöhnlich, und das machte sie für mich noch interessanter.
»Zoey?«
Ich sprach ihren Namen langsam aus. Sie brauchte unbedingt einen außergewöhnlicheren Namen. Einen Namen, der mehr über sie ausdrückte, als den, den ihre Eltern für sie ausgesucht hatten. Ein Name, der dazu beitrug, dass man bereits vor der ersten Begegnung mit ihr feststellen konnte, dass sie etwas Besonderes war. Und damit meinte ich ihre Stimme und nicht dieses unmögliche Aussehen.
Sie brauchte einen guten Künstlernamen.
»Zoey, also … Wenn du mir hilfst, kann ich dir geben, was du willst.«
Insgeheim wünschte sie sich sicher, dass ein Typ wie ich, mit ihr eine einzige, leidenschaftliche Nacht verbrachte. Außerdem sparte Sex im Austausch für Nachhilfestunden nicht nur Geld und verbrauchte Kalorien, sondern sorgte auch für gute Unterhaltung.
»Ich. Bin. Nicht. Deine. Hure!«, zischte sie laut. »Such dir jemand anderen! Ach, verpiss dich einfach.«
Dabei warich derjenige, der sich für Nachhilfestunden prostituieren wollte. Eigentlich müsste ich dafür Geld von ihr verlangen! Aber ich war so gnädig und tauschte ein paar langweilige Nachhilfestunden gegen grandiosen Sex mit mir.
»Beruhige dich«, bat ihre Freundin sie erneut.
»Weißt du überhaupt wer ich bin?«, fragte ich leise.
Das Lächeln wich aus meinem Gesicht. Es war Zeit, wieder ernster zu werden. Ich mochte ihre laute Stimme, aber das war zu viel.
»Du bist der Typ, der schon zum dritten Mal die zwölfte Klasse besucht. Meinen herzlichsten Glückwunsch übrigens«, sagte sie eher unbeeindruckt. Wie um ihr Desinteresse noch zu unterstreichen, begutachtete sie statt meiner Wenigkeit ihre Nägel. »Ich dachte, dass zweimaliges Klassenwiederholen bei uns eigentlich gar nicht möglich ist.«
Eigentlich war ich jemand, den man schwer auf die Palme bringen konnte, aber Zoey reizte mich im Moment zu sehr.
Was erlaubte sich dieses zickige Biest?
Ich schlug mit meiner flachen Hand auf ihren Tisch um ihre Aufmerksamkeit wieder für mich zu gewinnen.
»Ich bin Acid!«
Mein Künstlername war in der Schule schließlich in aller Munde. Ich war Sänger und Gitarrist in einer stadtbekannten Rockband und wie bereits erwähnt der begehrteste Junggeselle der gesamten Schule. Nicht einmal Zoey konnte noch nie etwas von mir gehört haben.
»Kann ich mal deinen Ausweis sehen?«, fragte sie mit völlig ruhiger Stimme.
Was konnte dieses Mädchen nur aus der Ruhe bringen?
Erst als ich auf ihre verwirrende Bitte nach meiner