2. Buch
GIORDANO BRUNO
DAS GRÖSSTE UND UNERMESSLICHE
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II. BUCH
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I. KAPITEL
Es ist ein altbekannter Satz, dass ein kleiner Irrtum am Anfang ein großer am Ende ist. Denn Kleines und Kleinstes ist Keim und Teil in allem, und auf ihnen beruht beinahe die ganze Substanz der Arten.
Wenn der Wanderer verwirrt am Scheideweg steht
und zweifelnd überlegt, welchen Weg er gehen soll,
und welcher weniger zu nehmen sei,
so bleibt ihm nur traurige Ungewissheit als Rat.
Während er auf seine Eingebung hört,
geht er weiter und denkt bei sich,
dass es doch gleichgültig sei, welchen Weg er nehme,
denn sie unterscheiden sich kaum oder gar nicht,
sind anfangs eng verbunden und scheinen sich anzunähern,
da ja viele Wege am selben Ziele enden,
die sich weit entfernt voneinander erstrecken.
Doch dann im weiteren Verlauf des Weges
wächst der Abstand allmählich, und spürbar
vollzieht sich das Abweichen vom richtigen Weg.
Nicht anders ist es,
wenn du es vielleicht für nichtig hältst
ob es etwas gibt oder nicht, das alles umhüllt.
Auch wenn dieser Streit den Verlauf
des Wissens nicht um denkbar Vieles ändern würde,
und auch nicht im Geringsten
die Grundlagen der hehren Ziele stören könnte,
so bliebe doch umstritten,
dass auch die Sterne beseelte Wesen sind,
und dass sie aus denselben Elementen bestehen,
dass es nicht nur in Grenzen Zahlen gibt,
sondern auch darüber hinaus.
Wenn du die Dinge genauer und weiter betrachtest,
wirst du erkennen,
wie ungeheuerlich groß dieser Irrtum ist
mit seinen erdichteten Fabeln.
Denn die Augen der Vernunft sehen klar,
dass in allem die Gesetze beider Naturen sind.
Aber das Feuer wurde erstickt für die eine Seite,
denn man hat das Licht des Geistes unterdrückt,
weshalb sie nun in die andere Richtung treiben.
Doch wie sich das Licht von der Finsternis unterscheidet,
so ist das Falsche vom Wahren getrennt,
und so unterscheiden sich auch hier und dort
der Anfang und dessen Teile und dann sehr weit
die Bereiche, die in der Mitte und am Ende sind.
Wie Aristoteles richtig sagte: Man kann sich nicht auf das Kleine beziehen, wenn es keinen unermesslichen und unendlichen Körper gibt, wie ja auch mehrere der alten Philosophen erwogen, ob dies eine der Unmöglichkeiten sei. Denn darauf, ob die Dinge sich auf diese oder jene Weise verhalten, beruhe jede und auch die höchste Erkenntnis des Wahren. Deshalb müsse dies mit größter Genauigkeit definiert werden. Diesen Satz habe ich mit ihm gemeinsam.
II. KAPITEL
Der erste Beweis des Aristoteles gegen die Unermesslichkeit besteht aus