2
Meg
Die vielen Verzögerungen im Flugplan hatten all ihre Pläne über den Haufen geworfen. Becca konnte sie wegen ihrer Seminare an der Uni jetzt nicht mehr vom Flughafen abholen, was bedeutete, dass Meg sich nun ganz allein von einem der größten Flughäfen der Welt ins Zentrum einer der hektischsten Großstädte Europas durchschlagen musste. „Mach dir keine Sorgen, Mama“, beruhigte sie Becca, als Meg sie mitten in der Nacht weckte, um ihr den aktuellen Stand der Dinge durchzugeben. „Am Flughafen gibt es eine U-Bahn-Station. Du brauchst nur in diePiccadillyLine einzusteigen – das ist die blaue Linie – und kannst bis zum Russell Square durchfahren. Dort steigst du dann aus, okay?“
Meg biss sich auf die Lippen und antwortete nicht.
„Du brauchst nicht einmal umzusteigen. Bis zum Russell Square dauert es etwa eine Stunde.“ Als Becca weitersprach, lag ein ärgerlicher Unterton in ihrer Stimme. „Oder soll ich mein Seminar sausen lassen und dich abholen kommen?“
„Nein, natürlich nicht, Liebes! Ich schaffe das schon.“ Sie bemühte sich, zuversichtlicher zu klingen, als sie sich fühlte. „Kannst du – kannst du mir noch einmal sagen, was genau ich tun muss?“ Sie spürte, wie die Hitze wieder ihren Nacken hochkroch und ihr Gesicht durchzog. Schnell holte sie einen Stift und eine Quittung von Starbucks aus ihrer Handtasche und notierte sich die U-Bahn-Linie und die Station, an der sie aussteigen musste.
Sie beendete das Gespräch und versuchte, sich mit dem einfachen Gebet zu beruhigen, das Katherine ihnen beigebracht hatte:Ich kann nicht. Du kannst, Herr.
Sie holte tief durch die Nase Luft:Ich kann nicht.
Und atmete sanft durch ihre leicht geöffneten Lippen aus:Du kannst, Herr.
Einatmen:Ich kann nicht.
Ausatmen:Du kannst, Herr.
Es war ihr, als hörte sie Katherines Stimme, die sagte: „Atme Gottes Liebe zu dir ein, atme deinen Widerstand Gottes Liebe gegenüber aus.“
Einatmen:Hilf mir, Jesus.
Ausatmen:Bitte.
Ihre Sitznachbarin aus dem Flugzeug musterte sie skeptisch. Sie spürte es. Unter dem Vorwand, etwas Wichtiges aus ihrem Handgepäck holen zu müssen, machte sich Meg schließlich am Reißverschluss ihres kleinen Koffers zu schaffen.
„Und welche U-Bahn-Linie müssen Sie nehmen?“, fragte Jean.
Meg warf einen Blick auf ihre Notizen. Sie konnte kaum entziffern, was sie dort hingekritzelt hatte. „DiePiccadillyLinebis zum Russell Square. Irgendetwas mit einer blauen Linie, hat meine Tochter gesagt. Aber ich weiß nicht, was das bedeuten soll.“
Jean holte eine kleine Karte mit bunten Linien aus ihrer Handtasche. „Schauen Sie mal.“ Sie deutete auf die Karte. „Die Routen sind mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnet. Und hier sehen Sie jeweils die Haltestationen. Die blaue Linie startet direkt in Heathrow und Sie brauchen in der Stadt nicht einmal umzusteigen. Einfacher geht es eigentlich gar nicht