Prolog
Sommer 1992
Helena ächzte leise, als sie den Korb anhob. Sie war einfach noch nicht dazu gekommen, diese Arbeit zu erledigen. Seit Wochen türmte sich die Bügelwäsche im Keller. Möglicherweise spielte ihre Abneigung gegen den Vorgang des Bügelns dabei eine kleine Rolle. Aber das war nicht der Hauptgrund für das Chaos: Seit Jürgen sich selbstständig gemacht hatte, kam er täglich nur für ein paar Stunden nach Hause. Meist ging er sofort in die Küche, fiel über alles Essbare her, das nicht erst lange zubereitet werden musste, und taumelte dann direkt ins Bett, um wenige Sekunden später in Tiefschlaf zu fallen.
Banale Aufgaben wie staubsaugen, Wäsche waschen, einkaufen und kochen nahm er gar nicht wahr. Er fühlte sich dafür genauso wenig zuständig wie für die Luft, die er zum Atmen benötigte.
Im Grunde lebte Helena wie eine Alleinerziehende. Sie stand nachts auf und kümmerte sich um Jonathan, wenn seine Pseudokrupp-Anfälle ihn nach Atem ringen ließen. Es war ihre Telefonnummer, die gewählt wurde, wenn Maik wieder Ärger in der Schule hatte. Schon seit Monaten brachte ihr Halbtagsjob mehr Geld in die Haushaltskasse als Jürgens Geschäft.
Schnaufend erklomm sie die Kellertreppe. Der gesamte Haushalt lastete auf ihren Schultern.
Eigentlich hatte sie gehofft, dass in ihrer zweiten Ehe alles besser werden würde. Aber meist fühlte sie sich genauso alleingelassen wie früher. Ächzend schleppte sie den Korb durch das Halbdunkel des Flurs.Immerhin, ging es ihr durch den Kopf,verprasst er sein Geld nicht bei illegalen Pokerturnieren und hat ständig Affären mit irgendwelchen Flittchen. Und außerdem gab es da noch ihre verspätete Hochzeitsreise. Schon seit Monaten freute sie sich auf das verlängerte Wochenende in London. Es war ihr Lichtstreifen am Horizont.
Plötzlich stieß sie mit dem Schienbein gegen irgendetwas, das hier im Flur nichts zu suchen hatte, und stolperte vorwärts. Die Jungs hatten dort wieder allen möglichen Krempel liegen lassen. In Gedanken sah sie sich schon auf dem Boden aufschlagen. Das fehlte noch, dass sie sich das Bein brach und ihren wohlverdienten Urlaub nicht antreten konnte. Irgendwie gelang es ihr, das Gleichgewicht zu halten. Sie machte sich mit einem Schwall Schimpfwörter Luft, für die sie ihren Jungs zwei Tage Stubenarrest verpasst hätte, und lehnte sich schwer atmend gegen die Wand. Mit dem Ellenbogen öffnete sie d