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DILL
Es gab Dinge, die Dillard Wayne Early junior noch mehr fürchtete als den Schulanfang an der Forrestville Highschool. Nicht viele, aber ein paar. Zum Beispiel über die Zukunft nachzudenken. Auch auf Gespräche über Religion mit seiner Mutter war er nicht besonders scharf. Danach war er nie glücklich oder erlöst. Auch das Zucken im Gesicht der meisten Leute, wenn sie seinen Namen hörten und sich erinnerten, konnte er nicht ausstehen. Daraus ergab sich nur selten ein Gespräch, das er gern führte.
Und auf gar keinen Fall freute er sich auf einen Besuch bei seinem Vater, Pastor Dillard Early senior, im Riverbend Prison. An diesem Tag galt der Nashville-Trip gar nicht seinem Vater, aber die nagende, unbestimmte Angst war trotzdem da und er wusste nicht wieso. Vielleicht weil am nächsten Tag die Schule losging, aber irgendwie fühlte es sich anders an als in den letzten Jahren am Ferienende.
Es wäre noch schlimmer, wenn er sich nicht darauf freute, Lydia zu sehen. Die schlimmsten Tage mit ihr waren immer noch besser als die besten Tage ohne sie.
Dill unterbrach sein Klimpern auf der Gitarre und schrieb etwas in das billige Notizbuch, das aufgeschlagen zu seinen Füßen lag. Die altersschwache Klimaanlage über dem Fenster ächzte vergeblich gegen die stickige Luft im Wohnzimmer an.
Das trockene, unentschlossene Pochen einer Wespe, die immer wieder gegen die Scheibe flog, übertönte die Anstrengungen der Klimaanlage und lenkte ihn ab. Er stand vom fleckigen Sofa auf, ging zum Fenster und ruckelte daran, bis es quietschend aufging.
Dann scheuchte Dill die Wespe durch den Spalt. »Hier drinnen willst du sicher nicht bleiben«, murmelte er. »In diesem Haus sollte man nicht sterben. Na los. Raus mit dir.«
Sie landete auf der Fensterbank, warf noch einen letzten Blick auf das Haus und flog davon. Dillon schloss das Fenster, wofür er sich beinahe dranhängen musste.
Seine Mutter kam in ihrer Zimmermädchen-Uniform aus dem Motel herein. Sie sah müde aus wie immer, und das ließ sie viel älter wirken als ihre fünfunddreißig Jahre. »Wieso machst du das Fenster auf, wenn die Klimaanlage läuft? Strom ist nicht umsonst.«
Dill drehte sich um. »Wespe.«
»Wieso bist du denn so angezogen? Willst du irgendwohin?«
»Nashville.«Ich weiß, was du fragen wirst – bitte frag nicht.
»Deinen Vater besuchen?« Sie klang zugleich hoffnungsvoll und anklagend.
»Nein.« Dill wandte sich ab.
Seine Mutter trat auf ihn zu und schaute ihm in die Augen. »Warum nicht?«
Dill wich ihrem Blick aus. »Darum nicht. Weil wir nicht deshalb hinfahren.«
»Wer sind dennwir?«
»Lydia. Travis. Ich. Wie immer.«
Sie stemmte