: Mishela Ivanova
: Umgang der Migrationsanderen mit rassistischen Zugehörigkeitsordnungen Strategien, Wirkungsweisen und Implikationen für die Bildungsarbeit
: Verlag Julius Klinkhardt
: 9783781555952
: 1
: CHF 0.50
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: Allgemeines, Lexika
: German
: 292
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Wie gehen Menschen, die aufgrund natio-ethno-kultureller Zuordnungen eine Markierung als „Andere“ erfahren, mit der rassistischen Verortung um?
Aus einer bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Perspektive richtet diese Frage den Blick auf die lernenden Subjekte und rückt die wechselseitige Wirksamkeit von Welt und Individuum, in der sich sowohl die Bildung des Subjekts als auch die Reproduktion des Sozialen vollzieht, in den Mittelpunkt.
Zum Vorschein kommen verschiedene passive und aktive Duldungsstrategien, individuelle und kollektive Aufstiegsstrategien sowie defensive und offensive Gegenstrategien.
Dahinter verbergen sich drei zentrale Tendenzen im Umgang der Subjekte mit gesellschaftlichen Strukturen: Zementierung, Verschiebung oder Veränderung.
Darin zeigt sich, dass Zugehörigkeitsordnungen nicht nur von oben nach unten wirken, sondern auch Energie aus dem Tun und Unterlassen der deklassierten Subjekte beziehen.
Für die schulisch-pädagogische Arbeit sind die Ergebnisse in doppelter Hinsicht von Bedeutung: Sie können uns helfen zu erkennen, wie sich die gesellschaftlichen Differenzkategorien in Bildungsbiographien einschreiben und uns dabei unterstützen, die Rolle des Bildungswesens bei der Reproduktion sozialer Ordnungen bewusster zu gestalten.
2 Einleitung und Überblick über den Aufbau der Arbeit (S. 11)

Die erhöhte Zuwendung zu den Realitäten des Bildungswesens, die seit der empirischen Wende die Bildungs- und Erziehungswissenschaften prägt, fördert laut Fend (2008) in zweifacher Weise eine erweiterte Sichtweise auf die Institution Schule: Einerseits ist die „Gesamtheit schulischer Kontexterfahrungen“ (S.19), welche die Persönlichkeit der Kinder prägen, zu beachten, andererseits soll die Sicht auf die strukturelle Einbettung und den Funktionalismus von Schule breiter gelegt werden. Aus sozialisationstheoretischer Sicht ist der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung in seinen realen Erscheinungen und unter den Bedingungen konkreterer Lebensbedingungen zu untersuchen. Mit Blick auf ihren Struktur-Funktionalismus darf Schule nicht mehr als ausschließliche Stätte der Wissensund Kulturvermittlung gesehen werden, sondern in ihrer Wechselwirkung mit anderen Sozialwelten und wichtigen gesellschaftlichen Subsystemen, wie Wirtschaft, Sozialstruktur, Politik (ebd., vgl. auch Roth4 1958, 1966).

In diesem Kontext rücken im Rahmen der Bildungs- und Erziehungswissenschaften Dimensionen, welche die soziale Ordnung bestimmen, wie ‚Rasse‘, Klasse, Geschlecht usw., zunehmend in den Blick (vgl. etwa Ecarius 2006, Radtke 2008). Die Notwendigkeit einer bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit sozialen Strukturen, gesellschaftlichen Differenzkategorien und Zugehörigkeitsordnungen gründet einerseits darin, dass diese Dimensionen prägend für die Bildungsbiographien sind (subjektive Lernerfahrungen unterliegen milieu-, gemeinschafts- und gesellschaftsbedingten Kräften), und ergibt sich andererseits aus der Erkenntnis, dass das Bildungswesen eine besondere Rolle bei der Reproduktion sozialer Ordnungen spielt (Bildung und Erziehung sind soziale Phänomene, welche milieu-, gemeinschafts- und gesellschaftsbildende Kräfte entfalten). Zumal die Pädagogik nicht nur eine reflektierende, sondern auch eine handlungsanweisende Disziplin ist, stellen sich die Fragen nach den Zusammenhängen zwischen Bildungsbiographien, sozialen Strukturen und Sozialwelten nicht nur auf einer analytischen Ebene, sondern auch auf der Ebene des pädagogischen Handelns. Im Hinblick darauf, wie Bedingungen für eine gute Bildung für alle geschaffen und der schulischen Reproduktion sozialer Ungleichheit entgegengewirkt werden kann, werden (auch) in Österreich seit Jahren Fragen der Chancengleichheit diskutiert (vgl. Bauer 2009). Entlang verschiedener Lösungsvorschläge wie ‚Sprachklassen‘, ‚Gesamtschulen‘, ‚Ganztagsschulen‘ u.a. oder im Hinblick auf Reformierung des gesamten Bildungswesens scheint jedoch zurzeit keine politische Einigung in Sicht zu sein.
Mishela Ivanova: Umgang der Migrationsanderenmit rassistischenZugehörigkeitsordnungen1
Titelei4
Impressum5
Inhaltsverzeichnis6
1 Vorwort8
2 Einleitung und Überblick über den Aufbau der Arbeit12
3 Positionierung zum Gegenstand der Untersuchung22
4 Theoretische Rahmen28
4.1 Zwischen Psychologie, Soziologie und Pädagogik28
4.2 Rassismustheoretischer Zugang30
4.3 Migrationspädagogik54
4.4 Begriffsklärungen55
5 Migration in Österreich – Geschichte und Gegenwart72
6 Aktueller Forschungsstand86
6.1 Eingrenzung des Forschungsfeldes86
6.2 Forschung zum Umgang mit Rassismuserfahrungen90
6.3 Klassifikations- und Prozessmodelle118
7 Zielsetzung und Gegenstand der Untersuchung130
8 Empirischer Zugang und Vorgehensweise der Untersuchung134
8.1 Empirischer Zugang134
8.2 Gruppendiskussionen als Erhebungsmethode138
8.3 Vorgehen bei der Untersuchung142
8.4 Auswertungsmethode und Schritte der Auswertung145
9 Darstellung der Ergebnisse150
9.1 Artikulationsebenen152
9.2 Analyseebenen155
9.3 Klassifikation159
9.4 Detaillierte Darstellung165
9.5 Intersektionalität231
9.6 Zusammenfassende Anmerkungen233
10 Implikationen für die formale Bildungsarbeit240
10.1 Unterrichtsgestaltung245
10.2 Das Pädagogische Verhältnis255
10.3 Professionsverständnis und Professionalisierung259
10.4 Abschließende Anmerkungen263
Abkürzungsverzeichnis268
Abbildungsverzeichnis270
Tabellenverzeichnis271
Literaturverzeichnis272
Rückumschlag294