: Marcus Tullius Cicero
: Von den Pflichten: Standardwerk antiker Ethik De officiis
: e-artnow
: 9788026870470
: 1
: CHF 1.80
:
: Philosophie
: German
: 232
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Von den Pflichten: Standardwerk antiker Ethik' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Von den Pflichten ist ein philosophisches Spätwerk Marcus Tullius Ciceros. Es wurde im Jahr 44 v. Chr. geschrieben und ist eines der Standardwerke antiker Ethik. In ihm werden kurzgefasst die Pflichten des täglichen Lebens behandelt, insbesondere die eines Staatsmannes. Mit officium hat Cicero das griechische ??????? (kath?kon) wiedergegeben, was so viel wie das einem Zukommende und im technischen Sinne die Pflicht bedeutet. De officiis ist in Briefform an Ciceros Sohn Marcus geschrieben und nicht wie viele von Ciceros philosophischen Schriften in Dialogform verfasst. Das Werk besteht aus drei Büchern, wobei das erste das ehrenhafte Verhalten behandelt, das zweite die für den Menschen nützlichen Pflichten und das dritte Buch Situationen nennt, in denen diese miteinander in Konflikt geraten können. Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr. - ? 43 v. Chr.) war ein römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph, der berühmteste Redner Roms und Konsul im Jahr 63 v. Chr.

Erstes Buch


Inhaltsverzeichnis


I. 1. Es ist bereits ein Jahr, mein lieber Marcus55, daß du den Kratippus56 hörst, und dieß zu Athen. Bei dem großen Ansehen eines solchen Lehrers, welcher dich mit wissenschaftlichen Kenntnissen bereichern kann, und einer solchen Stadt, welche dir viele aufmunternde Beispiele57 bietet, kann es nicht fehlen, daß du dir schon eine reichliche Fülle von Lehren und Grundsätzen der Philosophie angeeignet hast. Allein sowie ich selbst zu meinem Nutzen immer mit dem Griechischen das Lateinische verbunden und dieß nicht nur in der Philosophie, sondern auch bei den Redeübungen gethan habe; so glaube ich dir dasselbe Verfahren anrathen zu müssen, damit du in beiden Sprachen eine gleiche Gewandtheit erreichest. Hierzu habe ich, wie mich dünkt, unseren Landsleuten ein wichtiges Hülfsmittel verschafft, wodurch nicht nur die der Griechischen Litteratur Unkundigen, sondern auch die Gelehrten im Reden wie im Urtheilen nicht wenig gefördert zu sein meinen.

2. Deßhalb lerne du von dem größten Philosophen unserer Zeit, und lerne, so lange du Lust hast; so lange aber mußt du Lust haben, als du mit deinen Fortschritten nicht unzufrieden bist. Beim Lesen meiner Schriften aber, die nicht sehr von den Ansichten der Peripatetiker abweichen, weil wir ja beiderseits58 Sokratiker und Platoniker sein wollen, magst du dich in Betreff der Sachen selbst deines eigenen Urtheiles bedienen, – daran hindere ich dich durchaus nicht; – dem Lateinischen Ausdrucke aber wirst du durch Lesung meiner Schriften fürwahr eine größere Fülle verleihen. Nicht aber möge man diese Worte für eine anmaßende Aeußerung halten. Denn die Wissenschaft des Philosophirens räume ich gern Vielen ein; wenn ich aber das, was dem Redner eigentümlich ist, den angemessenen, deutlichen und geschmückten Ausdruck, mir zueigne, weil ich in diesem Studium meine Lebenszeit zugebracht habe; so glaube ich dieses gewissermaßen mit meinem Rechte für mich in Anspruch nehmen zu dürfen.

3. Deßhalb fordere ich dich, mein Cicero, dringend auf nicht allein meine Reden, sondern auch diese meine philosophischen Schriften, die schon jenen an Zahl fast gleichkommen59, fleißig zu lesen. Allerdings herrscht in jenen eine größere Kraft der Beredsamkeit; aber auch diesen gleichmäßigen und gelassenen Vortrag muß man sorgfältig ausbilden. Und, so viel ich weiß, ist es noch keinem der Griechen bis jetzt gelungen in beiden Gattungen der Rede zugleich mit Glück zu arbeiten und sowol die Sprache der gerichtlichen Beredsamkeit als die der ruhigen wissenschaftlichen Erörterung zu handhaben; es müßte denn sein, daß sich Demetrius von Phalerus60 zu dieser Klasse rechnen lasse, ein scharfsinniger Denker, aber als Redner zu wenig feuerig, doch anmuthig, so daß man in ihm den Schüler des Theophrastus61 wiederfinden kann. Wie viel ich in beiden Gattungen geleistet habe, mögen Andere beurtheilen; so viel ist gewiß, daß ich mich mit beiden eifrig beschäftigt habe. 4. Allerdings bin ich der Ansicht, daß einerseits Plato62, wenn er sich auf die gerichtliche Beredsamkeit hätte legen wollen, mit der größten Würde und Fülle hätte reden können, andererseits Demosthenes63, wenn er das von Plato Erlernte fortgetrieben und es vorzutragen Neigung gehabt hätte, dieß mit Schmuck und Glanz hätte thun können. Und auf ebendieselbe