: Honoré de Balzac
: Lebensbilder
: e-artnow
: 9788026870760
: 1
: CHF 0.40
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 503
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Lebensbilder' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Aus dem Buch: 'Der erste, der in Paris ein Maler-Atelier für Damen eröffnete, war ein gewisser Herr Servin, ein Künstler von Ruf, der streng auf Sitte hielt, ganz seiner Kunst lebte und aus Zuneigung die Tochter eines Generals ohne Vermögen geheiratet hatte. - Es lag in seinem Plane, nur Schülerinnen aus den reichsten und geachtetesten Häusern anzunehmen, um jeder möglichen Nachrede auszuweichen.' Honoré de Balzac (1799-1850) war ein französischer Schriftsteller. In den Literaturgeschichten wird er, obwohl er eigentlich zur Generation der Romantiker zählt, mit dem 17 Jahre älteren Stendhal und dem 22 Jahre jüngeren Flaubert als Dreigestirn der großen Realisten gesehen.

Hermann Schiff



Zu Eckermann äußerte sich Goethe einmal: »Der persönliche Charakter des Schriftstellers bringt seine Bedeutung beim Publikum hervor, nicht die Künste seines Talentes. Napoleon sagte von Corneille:›S'il vivait, je le ferais Prince‹ – und er las ihn nicht. Den Racine las er; aber von diesem sagte er es nicht. Deshalb steht auch der Lafontaine bei den Franzosen in so hoher Achtung, nicht seines poetischen Verdienstes wegen, sondern wegen der Großheit seines Charakters, der aus seinen Schriften hervorgeht.« – Damit hat Goethe allen Literaten, deren Charaktere anfechtbare Züge aufweisen, das Todesurteil gesprochen. In dieser Allgemeinheit trifft indes die Behauptung nicht zu, und Goethe selbst hat ja dem unglücklichen Johann ChristianGünther, dem sein Leben wie sein Dichten zerrann, nachdem er schon als Leipziger Student Günthers dichterischen Spuren gefolgt war, ein Erinnerungszeichen gewidmet, das den Unglücklichen, in seinem Leben sicher nicht ganz Einwandfreien keineswegs in Grund und Boden verdammt. Aber mit kleinen Einschränkungen trifft Goethes Anschauung zweifellos das Richtige; der persönliche Charakter der Schriftsteller entscheidet sehr oft die Bewertung nicht nur bei der Kritik, sondern auch bei der Menge.Heine undGrabbe leiden unter dieser moralisierenden Einschätzung beträchtlich, und ihr völliges Durchdringen ist in Deutschland noch immer durch die Tatsache erschwert, daß ihr Lebenswandel nicht allgemein gültigen Sittlichkeitsbegriffen entspricht. Die Einbeziehung des moralischen Wertes eines Schriftstellers bei seiner ästhetischen Beurteilung ist unschwer verständlich; da die große Menge ein Buch nicht nur als Bildungs-, sondern auch als Erziehungsmittel betrachtet, erwählt sie zur Lektüre immer lieber das eines gefesteten, einwandfreien als das eines anrüchigen oder auch nur verdächtigen Charakters. Daß dabei nur allzuoft blasphemisches Spießbürgertum das maßgebendste Urteil spricht, mag bedauerlich sein; verkennen und übersehen läßt sich diese Wahrheit nicht.

Sie ist die stichhaltigste Erklärung für die völlige Ignorierung des Balzacumdichters Hermann Schiff, der vielleicht von den tragischesten Verhängnissen heimgesuchten dichterischen Persönlichkeit Deutschlands. Soviel Elend hat das Schicksal selten über einen deutschen Dichter gebracht, von denen ja auch sonst viele nicht gerade Schoßkinder des Glückes waren und sind. Aber im Erdulden des fast kettenartig geschlossen über ihn hereinbrechenden Ungemachs übertrifft Schiff sie alle, wie bös den andern auch Mühsal und Jammer mitgespielt haben mögen. Im Leben wie nach dem Tode blieb ihm nichts erspart von all dem Leid, das Menschen treffen kann. Gewiß schloß sich auch für andere Dichter die Pandorabüchse nicht früher, als bis sie alles über sie geschüttet hatte, was jenen an Not und Qual zugedacht war. Jedoch