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Sie wissen noch nichts Genaues.«
Sarah stand mit dem Handy am Ohr zwischen dem Kiosk und den Schaufenstern von Swarovski und gab Patricia die neuesten Meldungen durch. Hinter ihr funkelten Schmuck- und Ziergegenstände um die Wette. Vor ihr lagen Bananen und Erdbeeren in Schütten. Man hatte den Kioskbetreibern offenbar keine Zeit gelassen, das Obst wegzuräumen. Die beiden standen vor dem Absperrband und behielten ihre Ware im Auge. Sarah erkannte sie an ihren grünen Schürzen mit der Aufschrift »Feinkost Kärntnerstraße«.
»Weder gibt es eine Forderung noch irgendeine Art Kontakt. Sie wissen nicht, ob es sich um einen Täter handelt oder mehrere. Im Moment ist auch noch nicht klar, wie viele Besucher sich da unten noch aufhalten. Derzeit wird der Eingangsbereich von Sprengstoffexperten untersucht. Dort liegt ein Päckchen, möglicherweise eine Bombe. Deshalb öffnen sie die Schiebetür nicht von außen, weil noch unklar ist, ob das einen Impuls auslöst und hier alles hochgeht.«
»Wow, nicht auszudenken, wenn die Kaisergruft in die Luft fliegt. Weißt du, wie viele Särge lautWien info da unten stehen? Einhundertneunundvierzig! Das würde Wochen dauern, bis alle hoheitlichen Gebeine wieder zusammengesammelt sind, wenn man sie überhaupt noch findet. Ich mein, ein Hund macht da keinen Unterschied … und ein paar Souvenirjäger stehen sicher auch schon parat.« Sie lachten beide kurz laut auf. »Gibt es Überwachungskameras?«
»Die gibt es. Nur leider sind die weder mit der Polizei verbunden noch sonst mit einer Außenstelle. Nur zum internen Gebrauch. Der Täter oder die Täterin ist kurz nach zehn Uhr aufgetaucht, also gleich nach Öffnung der Gruft. Mit etwas Glück sind nicht viele Menschen unten. Im Moment steht nur fest, dass sich die Kassiererin in der Gewalt des Täters befindet.«
»Ist das unsere Headline: Bombendrohung mit Geiselnahme?«, fragte Patricia.
»Die Wega hat die Cobra mit einem Verhandlungsspezialisten angefordert. Das spräche dafür. Aber wart noch, bis ich die offizielle Bestätigung habe. Nicht dass wir eine Falschmeldung hinausposaunen.«
»Soll ich die anderen Informationen trotzdem gleich an die Online-Redaktion weitergeben?«
»Ja, mach das. Bestätigt wurde, dass Touristen, die in die Gruft wollten, von einer Gestalt mit dunklem Umhang und Totenkopfmaske erzählten. Unser Totenkopf zwang eine Frau, vermutlich die Kassiererin, das Gittertor und danach gleich die Rundschiebetür vor ihrer Nase zuzusperren.«
»Wow, eine Totenkopfmaske in der Gruft, wie originell«, brummte Patricia hörbar amüsiert.
»Jedenfalls fuchtelte der oder die Maskierte mit einer Pistole herum und vertrieb die Leute vor der Tür«, fuhr Sarah fort. »Leider schirmen die Ermittler die Augenzeugen ab. Ich kann dir nicht einmal sagen, ob die gerade befragt werden oder bereits nach Hause geschickt wurden. Jedenfalls gibt es keine Chance, ein Statement von irgendwem zu bekommen.