: Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-Peter Schmidt
: Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald Mit Klimagärtnern die Welt retten und gesunde Lebensmittel produzieren
: oekom verlag
: 9783962384579
: 1
: CHF 16.10
:
: Natur und Gesellschaft: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Terra Preta do Indio lautet der portugiesische Name für einen Stoff, dem man wundersame Eigenschaften zuschreibt. Die Presse überschlägt sich mit Berichten über das »Schwarze Gold«, die Wissenschaft glaubt mit der Schwarzerde aus dem Regenwald zwei der größten Menschheitsprobleme lösen zu können - den Klimawandel und die Hungerkrise. Das Gute daran: Jede(r) kann mithelfen, denn seit 2005 ist das Geheimnis um die Herstellung der Wundererde gelüftet - ein Geheimnis, welches mit dem Niedergang der einstmals blühenden Indianerkulturen Amazoniens verloren zu gehen schien. Die Rezeptur mutet dabei erstaunlich einfach an, denn mehr als Küchen- oder Gartenabfälle, Holzkohle und Regenwürmer sind nicht nötig - Terra Preta ist somit auf jedem Balkon und in jedem Kleingarten herstellbar. Das Autorentrio Scheub, Pieplow und Schmidt hat das Wissen um die fruchtbarste Erde der Welt in einem kundigen Führer zusammengetragen. Neben einer fundierten Gebrauchsanweisung zur Herstellung von Terra Preta und Biokohle (biochar), informiert das Handbuch über die Grundprinzipien von Klimafarming und Kreislaufwirtschaft. Es ist ein flammendes Plädoyer gegen Kunstdünger und Gentechnik und ein unerlässlicher Ratgeber für alle, denen gesunde Lebensmittel am Herzen liegen.

Ute Scheub ist Autorin zahlreicher Sachbücher zu den Themen Frieden, Frauen und Ökologie. Zuletzt erschienen von ihr die Bestseller »Beschissatlas«, »Heldendämmerung« und »Das falsche Leben«.

Der Bodenkundler Haiko Pieplow arbeitet am Bundesministerium für Umwelt; 2005 gelang ihm die Wiederentdeckung der Terra Preta-Rezeptur.

Hans-Peter Schmidt leitet das Delinat-Institut für Ökologie und Klimafarming im schweizerischen Kanton Wallis.
(© Ute Scheub)
Prolog
Ein Paradies zum Selbermachen
Wenn Menschen sich ein Paradies vorstellen, gleicht es meist einem Garten. In Gärten fühlen wir uns wohl und erholen uns von Stress aller Art. Gärten sind Orte der Fülle, der Fruchtbarkeit und des Überflusses. Wir erfreuen uns an ihnen mit allen Sinnen – an der Wärme der Sonne, den Farben der Schmetterlinge, den Formen und Düften der Blumen, dem Geruch feuchter Erde, dem Geschmack frischer Früchte, an den Tönen plätschernden Wassers und turtelnder Vögel oder einfach nur an der Stille. Manchmal glitscht eine fette Nacktschnecke durch das Idyll, und man glaubt, sie kichern zu hören, weil sie gerade den von uns so zärtlich gepflegten Jungsalat abgefräst hat – über irgendwas muss man sich auch im Paradies ärgern, sonst wird es dort zu langweilig.
Grün ist gesund und wohltuend: Menschen aller Kulturen und Nationalitäten ziehen eine natürliche Landschaft einem städtisch-steinernen Ambiente vor. Der Blick aus einem Krankenzimmer ins Grüne fördert Studien zufolge den Heilungsverlauf von Krankheiten und reduziert die Schmerzmitteldosis. Untersuchungen aus Deutschland, den Niederlanden und den USA zeigen, dass Natur in der direkten Umgebung eine positive Wirkung auf Zufriedenheit und Gesundheit der dort Lebenden und Arbeitenden hat. Gärtnern ist erst recht gesund, man bewegt sich den ganzen Tag in frischer Luft, Licht und Sonne. Und abends kann man zufrieden auf sein Tagewerk schauen – wenn nur die Nacktschnecken nicht wären.
Kein Wunder also, dass nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten Gärtnern schwer in Mode ist. Junge und Alte, Frauen, Männer und Kinder, Angestellte und Arbeitslose, Einheimische und Flüchtlinge ackern zusammen, lassen Gemeinschafts- und interkulturelle Gärten erblühen, pflegen das Grün hinterm eigenen Haus oder kümmern sich um irgendein kommunales Fleckchen Erde. Manche tun dies auch, weil sie die lieblose Herstellung von Lebensmitteln und die pervertierten globalisierten Strukturen der Agroindustrie satthaben. Vor allem an sie, an diese vorwiegend ökologisch ausgerichteten Stadtgärtnerinnen und Freizeitbuddler, richtet sich dieses Buch.
Seine wichtigste Botschaft ist eine frohe: Klimagärtnern mit Terra Preta könnte den Treibhauseffekt in der Erdatmosphäre stark abmildern. Klimafarming – weltweit angewandt und flankiert mit weiteren Umweltmaßnahmen – könnte ihn womöglich sogar stoppen. Wenn die Menschheit mittels Klimafarming den Humusgehalt der Böden in den nächsten 50 Jahren um zehn Prozent erhöhen würde, könnte der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre sogar auf vorindustrielles Niveau gebracht werden. Vielleicht ist die Nutzung von Pflanzenkohle wirklich die »mächtigste Klimaschutzmaschine, die wir haben«, wie es der australische Umweltprofessor Tim Flannery ausdrückt.
Terra Preta, was auf portugiesisch einfach nur »schwarze Erde« heißt, wird manchmal auch »Wundererde« genannt. Das ist sicherlich übertrieben, sie ist auch nur ein von Menschen fruchtbar gemachter Boden und kein Hexenelixier, mit dem man – bei Vollmond über die Schulter auf den Boden gespuckt und einszweidrei – die Erde retten könnte. Dennoch hat diese uralte, erst vor wenigen Jahren wiederentdeckte Anbaumethode der Ureinwohner am Amazonas nach Meinung einer wachsenden Gemeinde internationaler Wissenschaftler das Potenzial, das weltweite Hunger-, Armuts-, Wasser- und Klimaproblem gleichzeitig angehen zu können. Und von welcher anderen Methode kann man das schon behaupten?
Nach dem bisherigen Wissensstand sind die Vorteile der Terra-Preta-Technik ungeheuer vielfältig: Sie fördert fruchtbare Böden, gesunde Pflanzen und gesunde Lebensmittel, ermöglicht auf kleinem Raum hohe und sichere Ernteerträge, macht Kleinbauern und Gärtnerinnen unabhängig von teurem Dünger, giftigen Pestiziden oder Gentechnik, kann Abfallstoffe in Naturdünger verwandeln, Kreisläufe schließen, Hygieneprobleme in Slums und Sanitärsystemen lösen, Böden entgiften, Steppen und trockene Magerböden zu Agrarland machen und eben auch den Klimawandel entscheidend mildern.
Wie das? Der entscheidende Bestandteil von Terra Preta ist Pflanzenkohle, die mittels klimaneutraler Pyrolyse hergestellt wird. Pyrolysiert man pflanzliche Abfälle, so wird der Kohlenstoff, den die Pflanzen der Atmosphäre in Form von CO2 entzogen haben, dauerhaft stabilis