1. Kapitel
Maierhofen, Anfang Juni
Zärtlich strich Apostoles Magdalena eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Magdalena, Geliebte …«, flüsterte er. Wie immer, wenn ihre Körper zueinanderfanden, kam es Apostoles vor wie ein Bad im Meer an einem warmen Spätsommertag. Weiche Bewegungen in einem Meer aus Liebe und Geliebtwerden. Sanfte Wellen, auf und ab. Salz auf der Haut, und auf den Lippen der Name des anderen …
Er spürte, wie sich Magdalenas Beine fester um ihn schlangen, er hörte, wie sie leise aufseufzte. Küsse landeten auf seinen Wangen, hektisch, unkoordiniert. Seine Aphrodite. Keine lauten Schreie der Lust. Kein zerkratzter Rücken. Kein schneller Höhepunkt und eine Zigarette danach. Magdalenas Hingabe war so viel mehr! Jedes Mal, wenn sie ihn in sich aufnahm, hatte er das Gefühl, wiedergeboren zu werden. Er, der schon abgeschlossen hatte mit dem Leben und der Liebe. Nie hätte er gedacht, dass er nochmals solche Wonnen erleben würde! Mit einem seligen Lächeln drang er noch tiefer in sie ein. Gleich, gleich würden sie gemeinsam den Gipfel der Lust erreichen …
»Dann wollen wir mal.« Ächzend wälzte sich Magdalena eine halbe Stunde später aus dem Bett. Es war halb zwei Uhr in der Nacht. Magdalena dehnte sich, streckte die Arme nach oben und stöhnte. »O mein Gott, ich bin völlig zerschlagen.«
Wie eine schöne, träge Katze, dachte Apostoles liebevoll. Dabei war Magdalena alles andere als träge!
Seinen Blick auf sich spürend, wandte sie sich ihm zu. »Kommst du?«
Er nickte lächelnd.
Pünktlich um zwei standen sie in der hell erleuchteten Backstube. Wie jeden Tag zu Beginn des Backens holte Magdalena die schweren Brotteige hervor, die seit dem späten Nachmittag hatten ruhen dürfen. Apostoles machte als Erstes das Radio an, dann suchte er die Zutaten für den Brezelteig zusammen.
Sie beide – ein eingespieltes Team. Apostoles lächelte.
In seinem früheren Leben als Gastwirt hatte er um diese Zeit das »Akropolis« abgeschlossen. Normalerweise hätte immer um Mitternacht Schluss sein sollen, doch seine Stammgäste hatten geduldiges Sitzfleisch, und zu Hause wartete niemand auf sie. Wenn die übrigen Gäste gegangen waren, hatte sich Apostoles, auf den ebenfalls niemand wartete, dazugesetzt. Bei einer Flasche Ouzo hatten sie dann bis ein oder zwei Uhr schwadroniert. Dann erst war wirklich Feierabend gewesen. Apostoles hatte diesen Moment gehasst, in dem er sich seiner Einsamkeit stellen musste.
Heute, mit Magdalena an seiner Seite und dem Duft von Brotteig in der Nase, liebte er die frühen Morgenstunden. Wenn er beim Brezelnmachen aus dem Fenster schaute, kam es ihm vor, als wären sie die beiden einzigen Menschen auf der Welt. Rund um den Maierhofener Marktplatz war alles noch dunkel, nur in der Wohnung über der Wäscherei Mölling brannte Licht. Kurt Mölling war eine ausgesprochene Nachteule und schaute nächtelang alte amerikanische Serien. Am Morgen schlief er dann wohl gern aus, sehr zum Ärger seiner Frau Sabrina, die seine Hilfe in der Wäscherei gut hätte gebrauchen können.
Apostoles liebte es, mit Magdalena zusammenzuarbeiten! Er mochte den Umgang mit dem pudrig-feinen Mehl, das der Müller aus dem Nachbarsort zweimal wöchentlich lieferte. Er liebte es zu sehen, wie aus ein paar einfachen Zutaten ein geschmeidiger Teig entstand. U