: Ursula Haucke
: «Papa, Charly hat gesagt ...» Neues von Vater und Sohn
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783688106264
: & Charly
: 1
: CHF 10.00
:
: Geschenkbücher
: German
: 158
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Weltgeschehen sorgt dafür, daß Vater und Sohn der Gesprächsstoff nicht ausgeht. Und da Charlys Vater sich nach wie vor seine eigenen Gedanken macht, zu schweigen von Charly selbst und seiner schon beinah erwachsenen Schwester, muß sich «Papa» auch schon im fünften Band wieder auseinandersetzen mit einem ganzen Bündel von Problemen - ob er will oder nicht. Ursula Haucke, von der die Beiträge in diesem Band stammen, schreibt dazu: «Obwohl wir annehmen, daß die meisten Leser des fünften Bandes schon Stammleser sind, wollen wir den neu Dazugekommenen ein paar klärende Hinweise nicht vorenthalten. ?Papa? also ist ein Mensch, der sich nach Möglichkeit arrangiert mit den Dingen, wie sie nun einmal sind. Er hält nicht viel von Veränderungen, schon gar nicht von solchen, die seine mühsam errungenen Privilegien antasten könnten (er ist Finanzbeamter mit Häuschen im Grünen). Ganz besonders mißtrauisch ist er gegen jene unorthodoxen Weltverbesserungsvorschläge, die sein zehnjähriger Sohn vom Vater seines besten Freundes Charly zu übernehmen pflegt, um sie dann auch noch kräftig mit eigenen und eigenwilligen Vorstellungen anzureichern. Da Charlys Familie nicht jenen ?besseren Kreisen? zuzurechnen ist, zu denen es Papa unwiderstehlich hinzieht, ist ihm dieser Umgang seines Sohnes ein ständiges Ärgernis. Ein Ärgernis immerhin, mit dem er sich im großen und ganzen fair und tapfer auseinandersetzt. Tapfer schon deshalb, weil Charlys Vater ja leider meistens recht hat ...» Die Kurzhörspielserie «Papa, Charly hat gesagt ...» war ein beispielloser Radioerfolg.

Ursula Haucke (1924-2014) war freie Schriftstellerin, tätig für Rundfunk, Theater und Fernsehen.

Bildungsreform – einmal anders


SOHN:

Papa, Charly hat gesagt, seine Schwester hat gesagt, mit «Elite» können sie ihr gestohlen bleiben!

VATER:

Aha. Und was ist «Elite»? Ein Haarspray oder eine neue Marmeladensorte?

SOHN:

Nee. Das ist mehr so ’ne Menschensorte!

VATER:

Häh?

SOHN:

Ja. Die wollen sie jetzt wieder züchten. In den Schulen. Damit wir wieder mehr davon kriegen. Aber Charlys Schwester sagt –

VATER:

Stopp, stopp – wollen wir doch erst mal Grund reinbringen in dein Gerede. Offenbar geht es um die «geistige» Elite, mit der Charlys Schwester nichts zu tun haben will.

SOHN:

Ja, genau …

VATER:

Da würde ich das Problem eher umgekehrt sehen!

SOHN:

Wie denn?

VATER:

Unsere geistige Elite, denke ich, wird kaum das Bedürfnis haben, sich mit Charlys Schwester zu befassen. So wird nämlich ein Schuh draus!

SOHN:

Ein Schuh?

VATER:

Ein Schuh, ja. Die Redensart kennst du doch.

SOHN:

Nee.

VATER:

Dann ist es auch egal. Jedenfalls braucht sich Charlys Schwester um unsere Elite nicht zu kümmern.

SOHN:

Will sie ja auch gar nicht. Sie sagt ja grade, daß wir die gar nicht brauchen.

VATER:

Ach, brauchen wir nicht! Wir sollen ein Volk von Schwachsinnigen und Mittelmäßigen werden, was?! Danke bestens. Und weißt du denn überhaupt, was «Elite» bedeutet?

SOHN:

Klar. Das sind die mit den Einsen in der Schule.

VATER:

Na ja – so ganz stimmt das noch nicht. Zu Einsen kann man notfalls auch durch ungewöhnlichen Lerneifer kommen. Sagen wir besser so: Elite – das ist die Begabtenauslese eines Volkes. Oder einer Gesellschaft.

SOHN:

Und wobei sind die begabt?

VATER:

«Worin» – nicht «wobei». Nun, abgesehen von einzelnen Spezialbegabungen sind sie einfach von besonderer Intelligenz.

SOHN:

Und woran merkt man das?

VATER:

Zum Beispiel … an ihrer schneller Auffassungsgabe, an ihrer Lernfähigkeit. Auch daran, daß sie selbständig und folgerichtig denken können.

SOHN:

In der Schule.

VATER:

Ja, sicher, zunächst mal in der Schule.

SOHN:

Aber Charlys Schwester sagt, manchmal sind die mit den tollen Begabungen, manchmal sind die ganz schlecht in der Schule!

VATER:

Ach je, ja, da spukt der arme Albert Einstein mal wieder rum, was? Mit dessen miserablen Schulleistungen trösten sich mittlerweile auch schon Generationen von Eltern schlechter Schüler! Aber Einstein war eine Ausnahme. Üblicherweise zeigt sich Intelligenz und hohe Begabung auch schon in der Schule.

SOHN:

Und warum sollen die dann noch in solche … solche Eliteklasse, wenn sie sowieso schon so intelligent sind?

VATER:

Damit sie optimal gefördert werden! Damit sie mehr lernen können als andere und sich auch wirklich zu Spitzenwissenschaftlern und Spitzenkräften auf allen Gebieten entwickeln.

SOHN:

Und wenn die gar nicht solche Spitzentypen werden wollen?

Der Vater stöhnt ob des Ausdrucks.

VATER:

Wer etwas kann, der will auch an die Spitze. Und der soll auch an die Spitze! Jeder Staat braucht schließlich seine geistige Elite!

SOHN:

Char