1. KAPITEL
Der Gewitterwolke hinter ihm war er gerade noch mal entkommen. Der Blick nach vorne war jedoch nicht viel besser. Ein gewaltiger Wolkenberg baute sich vor ihm auf. Finster und bedrohlich. Ausgerechnet darunter lag sein Flugplatz. Sein Ziel in etwa fünfzig Kilometern Entfernung.
Im Moment befand Pascal sich mit seinem Segelflugzeug zwischen den beiden Gefahrenzonen. An dieser Stelle war der Himmel noch trügerisch blau, doch das würde sich bald ändern. Gewitterwolken waren schnell, und das Monster hinter ihm holte auf. Es würde ihn bald erreicht haben.
Er schwebte also zwischen zwei Gewittern. Es ging weder vor noch zurück. Weiterzufliegen war keine Option, denn ein Flug durch solch eine schwarze Wolke war unmöglich. Der Regen war gefährlich genug, von den unberechenbaren Böen ganz zu schweigen. Vor allem bestand das Risiko, durch heftige Aufwinde in die Wolken hineingesogen und von Blitzen getroffen zu werden. Das sichere Todesurteil für jeden Segelflieger.
Eigentlich gab es jetzt nur eine einzige Lösung. Er musste auf einem Acker notlanden.
Seufzend wandte er den Blick von den dunklen Wolken ab und überprüfte den Erdboden unter sich. Wenigstens gab es hier keine Weinanbauflächen. Auf ihnen zu landen, war einfach unmöglich. Trotzdem war seine Auswahl recht begrenzt. Unter ihm lagen hauptsächlich umzäunte Weideflächen oder viel zu kleine Wiesen.
Endlich entdeckte er eine grüne Weide, die recht vielversprechend aussah. Der Platz würde reichen, wenn es auch eng werden würde.
Sobald man sich einmal zu einer Außenlandung, also einer Landung außerhalb eines Flugplatzes, entschlossen hatte, musste man bei der Entscheidung bleiben. Pascal arbeitete jetzt hoch konzentriert. Zunächst überprüfte er, ob alles sicher verstaut und er selbst gut angeschnallt war. Dann stellte er sich den Acker als ganz normalen Flugplatz vor: Gegenanflug, Queranflug, Endanflug. Landeklappen ziehen. Mittlerweile ging es schnell abwärts, der Boden kam rasch näher. Das Fahrwerk hatte er längst ausgefahren, so weit war alles in Ordnung.
Die Winde warfen den kleinen Flieger hin und her. Das war aber nichts, was Pascal wirklich Sorgen bereitet hätte. Der Boden kam immer näher. Zeit für das Landemanöver. Mit einem dumpfen Geräusch kam als Erstes das Heck des Flugzeugs auf, federte den größten Schwung ab. Sobald das Rad direkt unter ihm die Weide berührte, wurde er heftig durchgeschüttelt. Pascal hielt den Steuerknüppel eisern fest.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, die sicherlich nur wenige Sekunden dauerte, kam der Flieger zum Stehen. Er neigte sich, bis eine Tragfläche das Gras berührte.
Pascal war gelandet.
Erst jetzt erlaubte er sich, tief durchzuatmen und sich einen Moment zu entspannen. Das war natürlich nicht seine erste Notlandung auf einem Acker gewesen, aber jede Außenlandung barg Gefahren. Zum Glück war alles gut gegangen. Mit steifen Fingern löste er die Sicherheitsgurte. Er war in Carpentras gestartet und gute drei Stunden geflogen. Seine Muskeln hatten sich verspannt, mit den Gedanken schwebte er noch in den Wolken. Die Nachwirkungen einer recht abrupten Landung.
Er beugte sich gerade vor, um in der Bordtasche nach seinem Handy zu suchen, da klopfte es heftig gegen die Scheibe. Vor Schreck zuckte er zusammen und stieß sich im engen Cockpit den Kopf.
„Mon Dieu!“, hörte er eine weibliche Stimme rufen. Eine junge Frau stand neben seinem Flieger. „Bewegen Sie sich nicht! Ich hole Hilfe“, schrie sie aufgeregt. Ehe er sichs versah, war sie schon losgerannt.
Pascal riss sich zusammen. Müde Knochen hin oder her, einen Krankenwagen konnte er nicht gebrauchen. Während er mit der rechten Hand die Sicherheitsgurte abstreifte, öffnete er mit der linken die Verriegelung der Flugzeughaube.
„Mir geht es gut“, rief er, doch die Frau hörte ihn nicht. Sie rannte wie gehetzt über den Acker.
Entschlossen sprang Pascal aus dem Flugzeug. Der Fallschirm auf seinem Rücken behinderte ihn zwar, aber zum Ablegen war gerade keine Zeit. Erst musste er die panische Frau einfangen.
Zum Glück wurde sie von einem Zaun aufgehalten, den sie umständlich zu überwinden versuchte. Pascal nutzte den Moment, um ihr mit großen Sprüngen nachzusetzen.
„Warten Sie!“, schrie er, so laut er konnte, und winkte hektisch. Die Frau schien ihn endlich gehört zu haben. Sie drehte sich um und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
„Mir geht es gut“, wiederholte Pascal und wurde langsamer. Er hat