Eve
Zufluchtsort in Morningside Heights
Es war unser letztes Jahr am College, und wir wollten eine Party schmeißen. Das Motto war »Müll«.
Unsere Wohnung war mit schwarzen Abfallsäcken und blinkender Weihnachtsbeleuchtung dekoriert. Von der Decke hing das Wort »MÜLL« in riesigen Lettern herab.
In dieser Nacht würde etwas passieren, das war unser erklärtes Ziel. Wir alle hatten das Gefühl, als würde etwas ganz Großes bevorstehen. Es spielte keine Rolle, wie häufig wir in der Vergangenheit enttäuscht worden waren, wie oft wir uns chic gemacht hatten und dann Stunden später ins Bett gefallen waren – ohne etwas anderes vorweisen zu können als einen leichten Schwindel, heftige Kopfschmerzen und einen Morgen, an dem wir uns erst mal erholen mussten. Wir waren hartnäckig genug, uns nicht unterkriegen zu lassen, dachten gar nicht daran. Stattdessen spürten wir eine noch stärkere Energie, sobald die Sonne wieder unterging. Wie unter Zwang klappten wir die Bücher zu, schüttelten die Trägheit unseres Nachmittagsschläfchens ab, zogen uns an, schmiedeten Pläne, schickten Nachrichten raus und hofften, dass sie Gehör fänden.
Es war die Macht der Möglichkeiten, das Gefühl grenzenloser Spannung, das ganz New York überfällt, sobald es dämmert – und die Räume hinter den Fenstern wirken, als würden sie schlafen. Es ist diese Zeit, ehe die Dunkelheit sich über die Stadt legt wie eine riesige Decke und die ersten Lichter aufflammen. Manchmal ängstigte mich diese unermessliche Weite, die darauf wartet, mit Leben angefüllt zu werden. Aber nicht heute Abend. An diesem Abend war ich bereit. Licht an, Manhattan! dachte ich, klatschte in die Hände und stand am Fenster unserer Wohnung, als wäre ich allein in der Lage, all diese kleinen quadratischen Schachteln da draußen mit hellem Licht zu erfüllen. Mir vorzustellen, ich hätte tatsächlich die Kontrolle, war verlockend. Du machst mir keine Angst, musste man sich einfach sagen, während man auf die Stadt schaute.Ich fürchte mich nicht vor dir, verdammt. Allerdings musste man es auch wirklich glauben.
Zusammen mit drei anderen Mädchen lebte ich in einer Vierzimmerwohnung auf dem East Campus, einem Studentenwohnheim zwischen der 117. und 118. Straße, in dem überwiegend Columbia-Studenten der höheren Semester untergebracht waren. Von meinem Fenster aus konnte ich den gesamten Campus überblicken, sah in der Ferne den Hudson River und die rosafarbenen Wolken, die sich über die Granitkuppel der Low Library senkten. In