1. Kapitel
»Bonne chance.« Der Notar zählte den Stapel Euroscheine durch, den Rosie ihm gegeben hatte, bevor er ihr über den Tisch hinweg einen Schlüsselbund zuschob. »Das Café Fleur gehört jetzt Ihnen.«
Fünf Minuten später ließ Rosie die Schlüssel in den Händen klappern, während sie glücklich an den alten Deichanlagen am Mittelmeer entlangging. Vor ihr lagen der Strand und das Café Fleur. Es war der erste Tag ihres neuen Lebens, und das fühlte sich fantastisch an. Es schien zwar eine Ewigkeit gedauert zu haben, aber jetzt wurde zumindest einer der beiden großen Träume ihres Lebens wahr.
Schon seit einigen Jahren träumte sie davon, erfolgreich ein eigenes Café zu führen. Ihr anderer Traum, mit dreißig verheiratet zu sein und eine Familie zu haben, war daran gescheitert, dass sie anscheinend keine langfristige Beziehung zu einem Mann aufbauen konnte.
Als sie nach einem rotweingetränkten dreißigsten Geburtstag schlimm verkatert aufgewacht war, hatte sie gedanklich den Schlussstrich gezogen. Das Leben zog an ihr vorbei, und wenn sie es schon nicht schaffte, ihren Mister Right zu treffen und zu heiraten, dann würde sie zumindest versuchen, ihr eigenes Café zu bekommen.
Traumziel Nummer eins hatte seitdem darin bestanden, genug Geld anzusparen, um ihr eigenes Strandcafé in Südfrankreich zu eröffnen.
Jetzt, kurz vor ihrem fünfunddreißigsten Geburtstag, war die Erfüllung dieses Traums zum Greifen nah.
Sie blickte über die Bucht zu den Booten, die auf die Hafeneinfahrt zusteuerten. Ihr Lächeln erstarb beim Anblick der Yacht, die unter englischer Flagge allen anderen vorausfuhr. »A Sure Thing« hieß die Yacht, auf der sie die letzten Jahre als Küchenchefin gearbeitet und jeden Cent für ihre finanzielle Unabhängigkeit gespart hatte. Und genau diese Yacht kehrte gerade in den Hafen zurück.
Ob der Skipper Antoine ihr mittlerweile verziehen hatte, dass sie ihn im Stich gelassen hatte? Als sie ihm von ihren Plänen erzählt hatte, war er alles andere als glücklich darüber gewesen.
»Sacre bleu, Rosie! Charlie wird außer sich sein, wenn er herausfindet, dass du gegangen bist! Wahrscheinlich bringt er William dazu, mich zu feuern, weil ich dich habe gehen lassen. Bitte, Rosie, nur noch einen Sommer, mir zuliebe. Okay?«
»Nein, auf keinen Fall.« Rosie hatte mit den Schultern gezuckt. »Außerdem weiß er bereits, dass ich gehe. Aber Antoine: Du darfst Charlie auf keinen Fall verraten, wo mein Restaurant liegt. Verstanden?«