: Richard Wagner
: Mein Leben Autobiographie
: Books on Demand
: 9783744882583
: 1
: CHF 4.40
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 1270
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Richard Wagner beschreibt in seiner Autobiographie »Mein Leben« die Zeit von seiner Geburt 1813 bis zum Jahr 1868. Wagner lebte bis 1883. Die Autobiographie zeigt einen schwierigen Aufstieg unter widrigen Bedingungen. Sein Vater verstarb sehr früh. Verschiedene Verwandte übernahmen die Erziehung. Wagner wechselte in seinem Leben sehr häufig den Wohnort. Einige Male nahm er in anderen Städten berufliche Chancen wahr, mitunter war auch auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Sein bewegtes Leben führte ihn unter anderem nach Leipzig, Dresden, Riga, Paris, Bayreuth, Zürich, und Tribschen bei Luzern. Hinzu kamen zahlreiche mehrwöchige und mehrmonatige Auslandsaufenthalte, deren inspirierende Kraft Richard Wagner zur Vollendung seiner Kompositionen nutzte. Wagners unterhaltsame Autobiographie »Mein Leben« zeigt einen Menschen, der trotz zahlreicher Rückschläge stets weiter komponierte, mutig neue Chancen wahrnahm und schließlich mit dem ganz großen Durchbruch belohnt wurde.

Zweiter Teil - 1842–1850


Die Reise von Paris nach Dresden dauerte damals noch fünf Tage mit den dazwischenliegenden Nächten. An der deutschen Grenze bei Forbach gerieten wir in Schnee und rauhes Wetter, was uns nach dem bereits genossenen Pariser Frühling sehr unfreundlich anwehte. Wirklich wollte uns beim Weiterfahren durch die wiedergewonnene deutsche Heimat vieles gar nicht recht anmuten, und mir fiel ein, daß die französischen Reisenden, welche, wenn sie aus Deutschland zurückkehrten, beim Betreten des französischen Bodens leichter atmend sich die Röcke aufknöpften, als ob sie nun aus dem Winter in den Sommer kämen, doch nicht so ganz unrecht gehabt hätten, da wir im Gegenteil jetzt genötigt waren, uns mit künstlichster Benützung unsrer Kleidungsmittel gegen einen empfindlich auffallenden Temperaturwechsel zu schützen. Zur vollständigen Marter ward diese Ungunst der Witterung, als wir auf der Reise von Frankfurt nach Leipzig in den Strom der Meßreisenden gerieten, welche die Post um jene Zeit der Leipziger Ostermesse so stark in Anspruch nahmen, daß wir zwei Tage und eine Nacht über, bei unausgesetztem Sturm, Schnee und Regen, unaufhörlich die schlimmsten Beiwagen wechseln mußten, was diese Reise uns zu einem Abenteuer von fast ähnlicher Gattung wie unsre frühere Seereise gestaltete. Einen wirklichen Lichtblick gewährte mir die Begegnung der Wartburg, an welcher wir in der einzigen sonnenhellen Stunde dieser Reise vorbeifuhren. Der Anblick des Bergschlosses, welches sich, wenn man von Fulda herkommt, längere Zeit bereits sehr vorteilhaft darstellt, regte mich ungemein warm an. Einen seitab von ihr gelegenen ferneren Bergrücken stempelte ich sogleich zum »Hörselberg« und konstruierte mir so, in dem Tal dahinfahrend, die Szene zum dritten Akte meines »Tannhäuser«, wie ich sie seitdem als Bild in mir festhielt und später dem Pariser Dekorationsmaler Despléchin mit genauer Angabe meines Planes zur Ausführung anwies. Hatte es mich bereits sehr bedeutungsvoll gemahnt, daß ich jetzt erst, auf der Heimreise von Paris, den sagenhaften deutschen Rhein überschritt, so dünkte es mich eine weissagungsvolle Beziehung, daß ich die so geschicht- und mythenreiche Wartburg eben jetzt zum ersten Male leibhaftig vor mir sah, und war von diesem Eindruck gegen Wind und Wetter, Juden und Leipziger Messe so innig erwärmt, daß ich endlich mit meiner armen zerschlagenen und erfrorenen Frau glücklich und wohlbehalten wieder in demselben Dresden ankam (12. April 1842), von welchem ich zuletzt in so trauriger Trennung von Minna in mein nordisches Exil ausgezogen war.

 


Wir stiegen im Gasthof »Zur Stadt Gotha« ab. – Die Stadt, in welcher ich so bedeutungsvolle Kinder-und Knabenjahre verlebt, machte unter dem Eindrucke trüber, rauher Witterung einen kalten, toten Eindruck auf mich; wirklich schien mir alles, was an meine Jugend mich erinnern konnte, dort erstorben; kein gastliches Haus empfing uns; die Eltern meiner Frau trafen wir in ärmlicher, enger Wohnung und kümmerlichen Verhältnissen und mußten uns sofort nach einer kleinen Wohnung für uns selbst umsehen, welche wir denn in derTöpfergasse, für sieben Taler monatlich, fanden. – Nachdem ich wegen des »Rienzi« die nötigen Höflichkeitsbesuche gemacht und Minna für meine kurze Abwesenheit versorgt