Glück in der Liebe
Alles fing damit an, dass mir Andrea, die gute Seele aus dem Kiosk, ein Plätzchen auf den Kaffee to go legte und mich fragte: »In vier Wochen ist Weihnachten. Was meinen Sie? Wird es diesmal Schnee geben?«
Ich zuckte die Schultern, zählte die Münzen ab und reichte sie ihr. Kleingeld konnte sie immer gut gebrauchen.
»Das wäre tatsächlich mal ein Hauptgewinn«, antwortete ich, um nicht unhöflich zu erscheinen.
»Darf es noch etwas sein?«
Ich verlangte jeden Tag einen großen Becher Kaffee. Schwarz, ohne Zucker und ohne Milch. Auch wenn er nicht aus einem dieser monströsen Genussautomaten stammte, schmeckte er hier am besten. Etwas anderes hatte ich nie verlangt. Warum ich an diesem Tag davon abwich, kann ich heute nicht mehr beantworten. Vielleicht, weil auf dem Deckel meines Bechers ein selbstgebackenes Plätzchen lag.
»Ziehen Sie mir ein Weihnachtslos!«, bat ich.
»Ich habe kein Glück im Spiel. Wenn Sie die fünfhunderttausend Euro gewinnen wollen, müssen Sie selbst Hand anlegen«, antwortete Andrea und wies auf die halbvolle Kiste mit den Losen. Ich versuchte es erneut, diesmal mit einem leicht schmollenden Blick.
»Seien Sie trotzdem mein Glücksengel!«
Bisher hatten die Kioskbesitzerin und ich kaum mehr als vier Sätze miteinander gewechselt. »Guten Morgen!« – »Einen Kaffee, schwarz.« – »Achtzig Cent.« – »Schönen Tag noch!« So oder so ähnlich spielte sich das jeden Morgen ab. Andrea war freundlich und erledigte die Arbeiten in ihrem kleinen Laden unauffällig.
Ohne hinzuschauen zog Andrea ein Los und reichte es mir mit bedauerndem Lächeln. Es zeigte auf der Vorderseite einen Weihnachtsmann, der sich vor Lachen den Bauch hielt. Ob er aus Begeisterung über einen Gewinn oder – was mir wahrscheinlicher schien – aus purer Schadenfreude über die zu erwartende Niete lachte, war nicht zu erkennen. Auf der Rückseite befand sich eine Nummer. Andrea betrachtete sie kurz und sagte erstaunt: »Das ist mein Geburtsdatum!«
Ich verabschiedete mich, steckte das Los in meine Manteltasche und vergaß es sofort wieder. In vier Wochen würde der Heilige Abend sein. Genüsslich ließ ich mir das Plätzchen schmecken und trank einen Schluck Kaffee. In diesem Moment beschloss ich, dieses Jahr auf gar keinen Fall Weihnachten allein zu feiern.
Ich bin ein Enddreißiger, tageslichttauglich, freundlich, eloquent und bereit, Pferde zu stehlen, natürlich im übertragenden Sinne. Wenn es sein muss, kann ich auch gut mit jemandem schweigen.
Ich habe ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und einen Sohn gezeugt. Alles, was ein Mann tun muss, habe ich getan. Außerdem habe ich eine Scheidung generös hinter mich gebracht. Mit dieser Bilanz konnte ich zuversichtlich in die Zukunft schauen und mein Balz