: Hähnel Stephan
: Alte Frau zum Kochen gesucht Mordsgeschichten
: Periplaneta
: 9783959960687
: 1
: CHF 7.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 196
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Gutes Essen hält Leib und Seele zusammen.' Für die Figuren in Stephan Hähnels Geschichten endet ein Gaumenschmaus dagegen meist tödlich. Ob Schokolade oder Hirschgulasch - niemand kann sich sicher sein, dass die letzte Speise nicht zugleich die Henkersmahlzeit wird. Denjenigen, die das Essen überleben, macht dann eine rachsüchtige Schwiegermutter oder ein habgieriger Ehepartner auf andere Weise den Garaus. Ihre Methoden sind aberwitzig, raffiniert und mitunter das Produkt reiner Zufälle. Selten war der Tod so unterhaltsam. Stephan Hähnel kredenzt uns schwarzhumorige Kurz-Krimis, die charmant, absurd und auch mitunter makaber sind. Da kann einem schon mal das Lachen im Halse steckenbleiben. Trotzdem beste Unterhaltung, die wohl bekommt.

Stephan Hähnel wurde als Weihnachtsgeschenk 1961 in Berlin geboren. Hier ging er zur Schule, machte eine Ausbildung zum Schlosser und leistete seinen Wehrdienst, wurde Produktionsarbeiter, Kneipenbetreuer, Wirtschaftsingenieur, Finanzbuchhalter, Systemadministrator, Projektmanager, Unternehmer, Callcenter Agent und Personalberater, Ehemann und Familienvater. Und weil das alles noch nicht reichte, ist er auch noch passionierter Autor geworden. Seit 2005 veröffentlichte er zehn Bu?cher, vorwiegend mit Krimi-Kurzgeschichten, was ihm in den Titel 'Meister des Schwarzen Humors' einbrachte. Des Weiteren schreibt er Romane und ist in diversen Anthologien vertreten. Stephan Hähnel ist Gründer des Berliner Krimimarathons und lebt, wenn er mal nicht auf Lesereise ist, im Helmholtz-Kiez. www.stephan-haehnel.de

Glück in der Liebe


Alles fing damit an, dass mir Andrea, die gute Seele aus dem Kiosk, ein Plätzchen auf den Kaffee to go legte und mich fragte: »In vier Wochen ist Weihnachten. Was meinen Sie? Wird es diesmal Schnee geben?«

Ich zuckte die Schultern, zählte die Münzen ab und reichte sie ihr. Kleingeld konnte sie immer gut gebrauchen.

»Das wäre tatsächlich mal ein Hauptgewinn«, antwortete ich, um nicht unhöflich zu erscheinen.

»Darf es noch etwas sein?«

Ich verlangte jeden Tag einen großen Becher Kaffee. Schwarz, ohne Zucker und ohne Milch. Auch wenn er nicht aus einem dieser monströsen Genussautomaten stammte, schmeckte er hier am besten. Etwas anderes hatte ich nie verlangt. Warum ich an diesem Tag davon abwich, kann ich heute nicht mehr beantworten. Vielleicht, weil auf dem Deckel meines Bechers ein selbstgebackenes Plätzchen lag.

»Ziehen Sie mir ein Weihnachtslos!«, bat ich.

»Ich habe kein Glück im Spiel. Wenn Sie die fünfhunderttausend Euro gewinnen wollen, müssen Sie selbst Hand anlegen«, antwortete Andrea und wies auf die halbvolle Kiste mit den Losen. Ich versuchte es erneut, diesmal mit einem leicht schmollenden Blick.

»Seien Sie trotzdem mein Glücksengel!«

Bisher hatten die Kioskbesitzerin und ich kaum mehr als vier Sätze miteinander gewechselt. »Guten Morgen!« – »Einen Kaffee, schwarz.« – »Achtzig Cent.« – »Schönen Tag noch!« So oder so ähnlich spielte sich das jeden Morgen ab. Andrea war freundlich und erledigte die Arbeiten in ihrem kleinen Laden unauffällig.

Ohne hinzuschauen zog Andrea ein Los und reichte es mir mit bedauerndem Lächeln. Es zeigte auf der Vorderseite einen Weihnachtsmann, der sich vor Lachen den Bauch hielt. Ob er aus Begeisterung über einen Gewinn oder – was mir wahrscheinlicher schien – aus purer Schadenfreude über die zu erwartende Niete lachte, war nicht zu erkennen. Auf der Rückseite befand sich eine Nummer. Andrea betrachtete sie kurz und sagte erstaunt: »Das ist mein Geburtsdatum!«

Ich verabschiedete mich, steckte das Los in meine Manteltasche und vergaß es sofort wieder. In vier Wochen würde der Heilige Abend sein. Genüsslich ließ ich mir das Plätzchen schmecken und trank einen Schluck Kaffee. In diesem Moment beschloss ich, dieses Jahr auf gar keinen Fall Weihnachten allein zu feiern.

Ich bin ein Enddreißiger, tageslichttauglich, freundlich, eloquent und bereit, Pferde zu stehlen, natürlich im übertragenden Sinne. Wenn es sein muss, kann ich auch gut mit jemandem schweigen.

Ich habe ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und einen Sohn gezeugt. Alles, was ein Mann tun muss, habe ich getan. Außerdem habe ich eine Scheidung generös hinter mich gebracht. Mit dieser Bilanz konnte ich zuversichtlich in die Zukunft schauen und mein Balz