Mir reicht’s. Jahre sind vergangen, und ein Sohn ist nicht in Sicht. Ich werde mir eine andere Frau suchen, eine, die mir endlich einen Stammhalter schenkt. Die Geschäfte laufen wieder besser. Habe hart gearbeitet dafür. Irgendwann soll mein Sohn sie übernehmen. Ich muss schauen, was genau ich mache. Inge gehorcht, kocht, putzt und ist willig, wann immer mir danach ist. Ich denke, ich werde sie behalten und eine weitere Frau für mein Projekt finden.
Inge hat letzten Endes auch kapiert, dass ihre Erziehung aus dem Mädchen eine Jammergestalt macht. Ich härte sie ab. Bis mein Sohn kommt, soll sie das Tauchen lernen. Sie hat keine Angst vor dem Meer. Vielleicht schlägt mein Blut durch und sie ist doch keine so große Memme. Wir werden sehen.
Broome, den 8. Dezember 1982
Sie taucht. Sie ist wie ein Fisch im Wasser. Erinnert mich an die Aborigine-Frauen, von denen mein Vater so schwärmte. Nur dass sie helle Haut hat, natürlich. Sie passt sich an, tut, was ich ihr sage. Trotzdem ist sie nur ein Mädchen. Ich verbringe deshalb seit einiger Zeit die Nächte mit Charlotte. Charlotte ist vernünftig. Ich habe ihr gesagt, dass ich einen Sohn von ihr möchte. Dann muss sie sich finanziell keine Sorgen mehr machen. Sie hat eingewilligt. Gute Frau. Hoffentlich geht es bei ihr schneller als bei Inge. Ich werde auch nicht jünger. Falls nicht, ziehe ich weiter. Nächstes Jahr wird mein Sohn auf diese Welt kommen, so viel steht fest.
Ron ließ das Buch sinken. Charlotte. Seine Mutter. Sie hatte ihr Versprechen gehalten und ihm einen Sohn geboren. An das, was danach geschah, konnte Ron sich nicht wirklich erinnern. So oft hatte er seine Mutter gefragt, und sie hatte nur ausweichende Antworten gegeben. Doch seit er das Tagebuch gefunden hatte, wusste er, was passiert war.
*
So ein Mist!« Marlene schaute wütend auf das große Haus, das am Rande der Felder in der Nähe des Mindener Klinikums thronte. »Wo steckt Kühme denn bitte schön an einem Sonntagmorgen?«
Benno zuckte die Achseln. »Wir kommen auf dem Rückweg wieder. Dann fahren wir halt erst zu Holger Schlüter.«
Marlene kickte einen Stein zur Seite. »Okay«, seufzte sie, riss die Beifahrertür auf