1. KAPITEL
Was sollte daran so komisch sein?
Daniel Warren, der mit drei seiner Mitarbeiter das Modell schleppte, bemerkte die belustigten Blicke der attraktiven Blondine. Zugegeben, das Gebäude fiel nicht gerade klein aus. Aber es musste schließlich auch nach Texas passen, dem zweitgrößten Bundesstaat der USA.
Und das neue Clubhaus des renommierten Texas Cattleman’s Club sollte richtig etwas hermachen. Darum wies die Architektur auch markante stilistische Merkmale auf. Wie zum Beispiel das über sechs Meter hohe, mit Rindsleder bespannte und von Stierhörnern geschmückte zweiflügelige Tor, das keineswegs übertrieben wirkte.
Oder vielleicht doch?
„Boss, dieses Ungetüm wiegt ja eine Tonne!“, beschwerte sich sein Stellvertreter Rand Marks.
Auch die beiden anderen Assistenten wirkten nicht gerade begeistert, als ihr Chef stehen blieb. In geschäftlichen Dingen galt Daniel als ebenso talentiert wie entschlossen. Daher konnte er sich auch nicht erinnern, jemals eine seiner Entscheidungen im Nachhinein angezweifelt zu haben.
Bei dieser Ausschreibung hatte er seine gesamte fünfzehnjährige berufliche Erfahrung in die Waagschale geworfen, um die Mitglieder der Jury zu beeindrucken – und zwar sowohl die traditionsbewussten als auch die fortschrittlicher gesinnten.
Und doch schien der zweifelnde Blick dieser umwerfenden blonden Frau heißer als ein Brandzeichen auf seiner Haut zu brennen.
Wer war sie überhaupt?
„Sorry, ich möchte Sie nicht aufhalten, aber Sie müssen Abigails Bekannter aus New York sein.“
Beim angenehmen Klang ihrer sinnlichen Stimme, die einen leichten Südstaatenakzent aufwies, überlief Daniel ein wohliger Schauer.
Aus der Nähe betrachtet wirkte sie sogar noch anziehender. Sie trug eine Pelzjacke, enge Jeans und sah aus, als käme sie direkt aus einem mondänen Wintersportort.
Sie hatte feine Gesichtszüge und strahlend grüne Augen mit dichten Wimpern. Aber am meisten beeindruckten Daniel ihre langen Haare: Deutlich spürte er den Impuls, sie zu berühren.
Ihr beeindruckendes Erscheinungsbild änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass ihre Reaktion auf sein Modell ihn zutiefst irritierte. Immerhin war er ein überaus erfolgreicher Architekt, dessen Arbeit sehr geschätzt wurde. Ihr … Amüsement sollte sie sich daher besser schenken. Auf unmaßgebliche Meinungen wie ihre war er glücklicherweise nicht angewiesen.
Endlich gelang es Daniel, den Blick von ihren wunderschönen Lippen zu lösen. Er räusperte sich und antwortete: „Ja, richtig. Ich bin Abigail Langleys Bekannter …“
„Daniel Warren“, vollendete sie den Satz. Dabei klang ihre Stimme so süß, als hätte die Blondine gerade heiße Schokolade getrunken. „Sie sind der Stararchitekt aus New York.“
Daniel zögerte. Machte sie sich über ihn lustig? Oder flirtete sie mit ihm? Wer konnte das bei Südstaatenschönheiten schon sicher sagen?
„Ob Star oder nicht … Sagen wir mal so: Man kennt mich.“
Die Schöne trat von einem Bein auf das andere und schob den Träger ihrer Designertasche höher auf die Schulter.
„Sind Sie auch eine Bekannte von Abigail?“, erkundigte er sich.
„Ja. Abigail kennt hier eigentlich jeder. Ihr verstorbener Mann war der Urururenkel von Tex Langley, dem Gründer des Clubs.“
Sie beugte sich näher zu ihm hinüber, und er nahm ihre angenehm süße Duftnote wahr – verführerisch und gefährlich zugleich.
„Ich wette, dass sie die Wahl gewinnt und Präsidentin des Clubs wird“, vertraute sie ihm an. „Egal was der rückständige Brad Price dazu sagt.“
In diesem Moment trat ein Mann Mitte vierzig zu ihr. Er sah Daniel beiläufig an und wandte sich dann in lang gezogenem Texanisch an die Blondine: „Meine Liebe, man erwartet uns drinnen.“
„Ich begrüße gerade einen Gast unserer Stadt“, erwiderte sie, wies mit dem Kopf in Daniels Richtung und lächelte.
„Boss?“
Ach ja, an seine Mitarbeiter hatte Daniel gar nicht mehr gedacht!
„Unsere Arme werden immer länger“, stöhnte Rand. „Stört es dich, wenn wir mit dem Modell schon vorgehen?“
„Kein Problem“, sagte Daniel und trat einen Schritt zurück. Dann gab er der Blondine die Hand. „Daniel Warren“, stellte er sich vor.
„Elizabeth Milton.“ Ihre Hand war zierlich, aber ihr Händedruck ausgesprochen fest. „Und das ist Chadwick Tremain.“
„Mr Warren.“ Chadwick Tremain übersah absichtlich Daniels ausgestreckte Hand und nickte nur kurz. Dann legte er den Arm um Elizabeth. „Komm, wir gehen rein.“
Elizabeth drehte sich um und sah, wie Daniels Mitarbeiter in den Club gingen. Dabei fielen ihr die langen Haare in weichen Wellen über die Schulter. „Geh schon voraus“, sagte sie zu Chadwick. Ich komme nach.“ Dann wandte sie sich wieder Daniel zu.
„Aber ich habe zu Mr Michaels gesagt …“
„Chad“, unterbrach sie ihn und löste sich aus seiner Umarmung. „Wir treffen uns drinnen.“
Chad gab einen unwilligen Laut von sich, zog seine Krawatte zurecht und ging in den Club.
„Ihr Lebensgefährte scheint mich nicht besonders zu mögen“, stellte Daniel amüsiert fest.
Sie lachte, und die grünen Augen funkelten vor Vergnügen. „Lebensgefährte? Chad ist mein Finanzberater. Er hat ein Auge auf mich geworfen.“
„Brauchen Sie denn jemanden, der auf Sie aufpasst?“
Sie zog die Brauen hoch. „W