: Heidi Benneckenstein
: Ein deutsches Mädchen Mein Leben in einer Neonazi-Familie
: Tropen
: 9783608108866
: 1
: CHF 8.90
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 250
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wer so tief im braunen Sumpf steckt, schafft es nicht über Nacht hinaus. Heidi wächst in der alles umfassenden Ideologie einer Nazi-Familie heran, in militanten Jugendgruppen und Kameradschaften. Mit Drill, Schlägen und Belohnung wird sie auf ein Leben im rechten Hass-Milieu vorbereitet. Mit zwanzig findet sie den Mut auszusteigen. Hier blickt sie noch einmal in die Abgründe dieser Parallelwelt. Deutschland, Ende der 1990er, ein idyllisches Dorf bei München. In Heidis Familie ist die Zeit stehen geblieben. Als kleines Mädchen wird sie in konspirative Ferienlager der »Heimattreuen Deutschen Jugend« geschickt, wo schon für die Kleinen paramilitärischer Drill auf dem Programm steht. Dort lernt sie auch, das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 in Holz zu sägen. Mit fünfzehn nimmt Heidi an rechten Aufmärschen teil, hetzt gegen Ausländer und prügelt auf einen Fotografen der »Lügenpresse« ein. Heidis Welt bekommt erste Risse, als sie Flex kennenlernt, einen nicht mehr restlos überzeugten Liedermacher aus der rechten Szene. Mit zwanzig vollzieht sie die komplette Kehrtwende, bricht den Kontakt zu ihrer Familie ab, taucht unter, lässt die Welt der alles umfassenden Nazi-Ideologie hinter sich und durchläuft ein Aussteiger-Programm. Dies ist die Geschichte ihrer zwei Leben.

Heidi Benneckenstein, geborene Redeker, wurde in der Nähe von München geboren. Sie stammt aus einer Familie von überzeugten Nazis und wurde, wie Tausende anderer Kinder aus dem militanten rechten Milieu, völkisch erzogen. Ihre früheren Kameradinnen und Kameraden zündeln heute bei NPD, Pegida oder im Verborgenen. Heidi ist den mutigen Weg des Ausstiegs gegangen.

2 Meine sonderbare Familie


»Wir sagen nicht Handy, wir sagen Handtelefon«

Der Tag, an dem ich geboren wurde, ein Sonntag im April 1992, beschreibt die Familie, in der ich aufgewachsen bin, ganz gut: Mein Vater fuhr meine Mutter zwar noch in die Entbindungsklinik, blieb aber nicht dort, sondern kehrte, nachdem er sie abgeliefert hatte, gleich wieder nach Hause zurück. Offenbar sah er sich dem Stress nicht gewachsen. Warum? Das weiß nur er. Wahrscheinlich fühlte er sich überfordert. Zu viel Hektik, Aufregung und Gefühle, die von ihm erwartet wurden.

Wir wohnten in einem Dorf in der Nähe von Fürstenfeldbruck bei München, 300 Einwohner, sehr ländlich, sehr bayerisch, viel Holz. Eigentlich typisch für diesen Landstrich, trotzdem sah es bei uns anders aus als in den Häusern, in denen meine Freundinnen wohnten. Bei uns hing kein hölzernes Kreuz über dem Esstisch, sondern ein Kalender derHeimattreuen Deutschen Jugend