: Eva-Maria Horn
: Mit Kind und Hund ein neues Leben Mami 1883 - Familienroman
: Blattwerk Handel GmbH
: 9783740920272
: Mami
: 1
: CHF 3.10
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: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Finn brannte darauf, daß Olaf ihm das Messer gab. Olaf war der Sohn des Hausmeisters aus dem großen Mietshaus. Finns Großmutter sah es gar nicht gern, daß Olaf und ihr siebenjähriger Enkel so dicke Freunde waren. Heute konnte Finn beruhigt neben Olaf auf dem Hinterhof des Mietshauses sitzen. Seine Großmutter hatte Besuch. Da hatte sie zum Glück keine Zeit, aus dem Küchenfenster zu sehen. Finn haßte es, wenn sie das Fenster öffnete und ihn rief. Die Großmama, die so viel Wert auf gutes Benehmen legte und Finn damit furchtbar auf die Nerven ging, hatte dann eine ganz fremde Stimme, richtig schrill klang sie, und den Mund kniff sie dann zu einem Strich zusammen. Finn war ja nicht dumm, wenn er auch ganze drei Jahre jünger als Olaf war, er wußte aber längst, daß Olaf seine Großmutter nicht ausstehen konnte, wenn er auch nie ein Wort darüber verlor. Aber Olaf war einfach toll, weil er trotzdem sein Freund war und er immer Zeit für Finn hatte. »Du kannst toll schnitzen.« Finn seufzte abgrundtief. »Ich habe mir zu Weihnachten ein Schnitzmesser gewünscht, ich hätte mir ja denken können, daß ich keins kriegte. Großmama behauptete doch glatt, das Christkind hätte es nicht gewollt.« Finn setzte sich bequem auf dem schmutzigen Stein zurecht. Die Ellbogen hatte er auf die Knie gestützt, sein Kinn lag auf den Händen. »Mama und Großmama glauben, daß ich das Märchen vom Christkind noch schlucke.« Olaf hielt das Stück Holz von sich ab, musterte es kritisch. »Warum sagst du ihnen nicht, daß du für so'n Schmarren

Finn brannte darauf, daß Olaf ihm das Messer gab. Olaf war der Sohn des Hausmeisters aus dem großen Mietshaus. Finns Großmutter sah es gar nicht gern, daß Olaf und ihr siebenjähriger Enkel so dicke Freunde waren.

Heute konnte Finn beruhigt neben Olaf auf dem Hinterhof des Mietshauses sitzen. Seine Großmutter hatte Besuch. Da hatte sie zum Glück keine Zeit, aus dem Küchenfenster zu sehen. Finn haßte es, wenn sie das Fenster öffnete und ihn rief. Die Großmama, die so viel Wert auf gutes Benehmen legte und Finn damit furchtbar auf die Nerven ging, hatte dann eine ganz fremde Stimme, richtig schrill klang sie, und den Mund kniff sie dann zu einem Strich zusammen.

Finn war ja nicht dumm, wenn er auch ganze drei Jahre jünger als Olaf war, er wußte aber längst, daß Olaf seine Großmutter nicht ausstehen konnte, wenn er auch nie ein Wort darüber verlor. Aber Olaf war einfach toll, weil er trotzdem sein Freund war und er immer Zeit für Finn hatte.

»Du kannst toll schnitzen.« Finn seufzte abgrundtief. »Ich habe mir zu Weihnachten ein Schnitzmesser gewünscht, ich hätte mir ja denken können, daß ich keins kriegte. Großmama behauptete doch glatt, das Christkind hätte es nicht gewollt.«

Finn setzte sich bequem auf dem schmutzigen Stein zurecht. Die Ellbogen hatte er auf die Knie gestützt, sein Kinn lag auf den Händen.

»Mama und Großmama glauben, daß ich das Märchen vom Christkind noch schlucke.«

Olaf hielt das Stück Holz von sich ab, musterte es kritisch. »Warum sagst du ihnen nicht, daß du für so’n Schmarren viel zu groß bist?«

»Vielleicht nächstes Jahr«, räumte er ein und starrte verlangend auf das Messer.

»Hier, willst du auch mal? Du hast ja ein Stück Holz schon mitgebracht.«

Finns ohnehin schon rote Wangen brannten geradezu. Beinahe andächtig, aber blitzschnell, nahm er Olaf das Messer aus der Hand.

»Das find’ ich anständig von dir. Das Holz hab ich gekauft, es ist Balsarholz, oder so ähnlich heißt es, der Mann im Geschäft hat gesagt, daß das das beste Holz zum Schnitzen ist.«

»Aber verdammt teuer. Für mich tut’s dieses Holz auch. Säbele bloß nicht in deinen Finger, dann reißt mir deine Großmutter den Kopf ab.«

Olaf sah nachdenklich auf den Kleinen. Er mochte ihn wirklich, oft genug hatte er Finn schon verteidigt. Mehr als einmal war eine herrliche Rauferei daraus geworden, wenn sie Finn hänselten, und das taten die Kinder aus dem Mietshaus oft. Finn war einfach nicht einer von ihnen. Er war besser angezogen als sie, er wohnte nicht in dem großen Haus, in dem der Hausmeister das Sagen hatte, er lebte in dem hübschen weißen Haus, das in einem gepflegten Garten stand. In den Augen der Kinder war es beinahe ein Schlößchen. Jedenfalls hatte es einen Erker und sogar ein kleines Türmchen.

»Sag mal, Finn, warum heißt du eigentlich wie deine Großmutter? Eigentlich hängt man den Kindern doch immer den Namen des Vaters an, ob es den Kindern nun paßt oder nicht.«

Finns Zunge machte jede Bewegung des Messers mit, das er behutsam über das Holz gleiten ließ. Viel Späne waren noch nicht abgefallen.

»Wenn Kinder geboren werden, kann man sie doch noch nicht fragen, Olaf. Überleg doch mal, die sind ja winzig und können nur schreien.«

»Und zwar laut«, seufzte Olaf. »Sei froh, daß du keine Schwester hast.«

Finn ließ das Holz und das Messer sinken und pustete eine Strähne seines rotblonden Haares aus der Stirn.

»Vielleicht, weil mein Papa tot ist.«

»Kann sein.« Olaf streckte seinen schlacksigen Körper. Zum Leidwesen seiner Mutter kam einfach kein Fett auf seine Rippen, obwohl er gewaltigen Appetit entwickelte. »Du bist in Berlin geboren, nicht? Ich hab mal so was läuten hören, als sich meine alten Herrschaften darüber unterhielten.«

»Aber das weiß ich nicht mehr. Wie es da aussah und so, meine ich.«

Finn setzte das Messer wieder an, jetzt ein wenig energischer.

»Und dann seid ihr zu deiner Großmutter gezogen. Klar, warum auch nicht«, überlegte Olaf. Er hatte den Rücken an den Zaun gelegt und scharrte wie ein Huhn mit dem Fuß auf dem Rasen. Allerdings war es schon längst kein Rasen mehr. So sehr der Hausmeister auch aufpaßte, wenn er nur den Rücken kehrte, spielten die Jungen Fußball dara