Das Meer hielt sich im Ganzen freundlich und die Reise ging, von der unausbleiblichen Verzögerung abgesehen, unter recht leidlichen Verhältnissen von statten.
Mrs. Weldon war am Bord des »Pilgrim« so gut und bequem als möglich untergebracht worden. Weder Oberdeck noch Ruff (auf Segelschiffen häufig ein auf Deck errichtetes Wohnhäuschen für die Mannschaft) befanden sich auf dem Achterdeck. Eine eigentliche Cabine konnte ihr daselbst also nicht angewiesen werden. Sie mußte sich mit dem am Stern des Schiffes gelegenen Zimmerchen des Kapitäns Hull, einer höchst bescheidenen Seemannswohnung, begnügen. Aber es hatte der dringendsten Vorstellungen seitens des Kapitäns bedurft, sie zur Annahme derselben zu bewegen. In diesem engen Raume also hatte sich jetzt Mrs. Weldon mit ihrem Kinde und der alten Nan eingerichtet. Hier nahm sie ihre Mahlzeiten ein in Gesellschaft mit Kapitän Hull und Vetter Benedict, für welch' Letzteren ein besonderes Zimmerchen vorgerichtet worden war.
Der Commandant des »Pilgrim« selbst hatte sich in einer Cabine des Wohnraumes für die Mannschaft eingerichtet, eine Cabine, welche von dem zweiten Officier bewohnt gewesen wäre, wenn es einen solchen am Bord des »Pilgrim« gegeben hätte. Die Brigg-Goëlette machte ihre Fahrten aber, wie wir wissen, unter Umständen, welche die Dienstleistung eines zweiten Officiers überflüssig erscheinen ließen.
Die Mannschaft des »Pilgrim«, lauter gute und solide Seeleute, vereinigte die Gemeinsamkeit der Anschauungen und Gewohnheiten; dieses Jahr machten sie schon die vierte Fischerei-Saison mit einander durch. Als lauter Amerikaner aus dem Westen kannten sie sich schon seit langer Zeit und stammten auch Alle von derselben Küste Kaliforniens her.
Diese guten Leute benahmen sich sehr zuvorkommend gegen Mrs. Weldon, die Gattin ihres Rheders, für den sie eine unbegrenzte Ergebenheit an den Tag legten. Es erklärte sich das auch durch den Umstand, daß sie an den Erträgnissen des Schiffes selbst in hohem Maße betheiligt und bisher stets mit gutem Erfolge gefahren waren. Wenn ihre geringe Anzahl auch für jeden Einzelnen eine erhöhte Arbeit mit sich brachte, so steigerte sich eben dadurch auch der Antheil eines Jeden bei Abschluß der Rechnung nach vollendeter Saison. Für diesmal freilich stand ihnen so gut wie gar kein Ueberschuß in Aussicht, weshalb sie gewiß mit Recht den Spitzbuben aus Neu-Seeland gründlich zürnten.
Ein einziger Mann unter Allen an Bord war nicht von amerikanischer Herkunft. Portugiese von Geburt, doch der englischen Sprache vollkommen mächtig, nannte er sich Negoro und versah die bescheidene Function eines Kochs der Brigg-Goëlette.
Da der frühere Koch des »Pilgrim« in Auckland desertirte und jener Negoro gerade ohne Stellung war,so bot er sich zu diesem Dienste an. Von Natur schweigsam und wenig mittheilsam, hielt er sich meist sehr zurückgezogen, that in seinem Fache jedoch seine Schuldigkeit. Mit seinem Engagement schien Kapitän Hull einen glücklichen Griff gethan zu haben, und seit seiner Einschiffung hatte der Küchenvorstand wirklich noch niemals Ursache zum Tadel gegeben.
Immerhin bedauerte Kapitän Hull, sich vorher aus Mangel an Zeit nicht näher nach seiner Vergangenheit erkundigt zu haben. Sein Gesicht oder vielmehr sein Blick sagte ihm gar nicht besonders zu, und wenn es sich darum handelt, einen völlig Unbekannten in den so beschränkten und sich stets nahe berührenden Kreis an Bord eines Schiffes aufzunehmen, sollte man niemals versäumen, sich über dessen Antecedentien möglichst eingehend zu unterrichten.
Negoro mochte vierzig Jahre zählen. Mager, nervös, von mittlerer Statur, tiefbrünett von Haar und stark sonnenverbrannt schien er sehr kräftiger Constitution zu sein. Handelte er nach irgend welchen Instructionen? Ja, wenigstens deuteten darauf wiederholt einzelne abgerissene Aeußerungen hin, welche er wohl aus Versehen fallen ließ. Uebrigens sprach er nie von seiner Vergangenheit und erwähnte von seiner Familie keine Silbe. Woher er kam, wo er gelebt – Niemand konnte das errathen. Welche Zukunft ihm bevorstand, vermochte man ebensowenig zu muthmaßen. Er gab nur seine Absicht kund, in Valparaiso an's Land zu gehen. Unzweifelhaft hatte man es mit einem eigenthümlichen Menschen zu thun. Seemann schien er auf keinen Fall zu sein, denn Alles, was zur Marine in Bezug stand, erschien ihm fremder, als man es sich von einem Schiffskoch versieht, der ja zu nicht