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Straße von Hormus
Persischer Golf
Der Wind pflügte durch die dunkle Wasseroberfläche. Mehrere Lagen wogender, tief hängender Wolken rasten im Zickzackmuster darüber hinweg. Die höheren Cluster trieben nordwärts über das offene Wasser des Persischen Golfs, während die unteren Schichten die mit Inseln gesprenkelte Straße von Hormus querten und ins Landesinnere des früheren Persiens und heutigen Irans zogen. Durch eine gelegentliche Öffnung in der Wolkendecke ließ sich der Mond blicken. Der aufkommende Sturm sorgte für kurze Niederschläge mit unterschiedlicher Intensität. Kein guter Zeitpunkt, um sich auf dem Meer aufzuhalten.
Aus den Untiefen einer anderthalb Meter hohen Welle ragte plötzlich ein Mast empor und stieg weiter nach oben. Er schlitzte den Gipfel der Dünung auf wie die Unheil verkündende Rückenflosse eines Hais. Weiße Gischt schlug über dem schmalen Objekt zusammen, während es Kurs nach Süden nahm. Sobald es sich mehrere Meter über die Wellen erhob, nahm es sofort Peilung zum Himmel auf. Bei dem dünnen, gestreiften Etwas handelte es sich um eine elektronisch gestützte Antenne zum Anmessen von Radarsignalen. Sekunden später gesellte sich ein zweiter dünner Mast dazu. Dieser erfasste die Umgebung im 360-Grad-Winkel. Genauso schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden beide Objekte wieder in der Tiefe.
Unter der aufgewühlten Wasseroberfläche patrouillierte ein extrem kostspieliges Stück Technik unauffällig vor der iranischen Küste. Niemand außer der Besatzung wusste, dass es gerade seine tödliche Fracht freigesetzt hatte. Das Kampf-U-Boot der 688er-Klasse wandte sich gerade wieder internationalen Gewässern zu, als zwei Köpfe an die Oberfläche kamen, unmittelbar gefolgt von drei weiteren. Die Wogen hoben und senkten sich, bildeten dann einen Kreis. Einer der Männer mühte sich mit einem schwarzen Gebilde ab, löste den Riemen, mit dem es zusammengehalten wurde, und zog an einer Schnur. Das IBS, ein kompaktes, selbstaufblasendes Schlauchboot, füllte sich rasch mit Luft und war nach weniger als einer Minute einsatzbereit. Zwei der Taucher befestigten einen Außenbordmotor am Heck, ein dritter installierte den Treibstofftank. Die raue See wirbelte das Boot hin und her, doch sie setzten unbeirrt ihre Arbeit fort.
Sobald der Motor gesichert war, kletterten die beiden letzten Männer an Bord. Ihre schwarzen Neoprenanzüge ließen sie mit dem dunklen Schlauchmaterial des Gefährts verschmelzen. Beim dritten Versuch reagierte der Anlasser. Der Mann am Heck drehte am Gasgriff und Sekunden später schossen sie zwischen den Wellen hindurch.
Lt. Commander Dan Harris hielt sich an einer der vorderen Halteschlaufen fest und überprüfte den Kompass am Handgelenk. Als Nächstes widmete er sich dem kompakten GPS-Empfänger, den er daneben festgeschnallt hatte. Er nutzte die Daten von 18 Satelliten, die Zehntausende Kilometer über der Erde in einem Orbit kreisten, um die exakte Position bis auf vier Meter genau zu bestimmen.
Das U-Boot hatte Harris und seine Leute 30 Meter vom verlangten Ziel entfernt abgesetzt. Harris grinste in seinen Bart hinein. Diese Arschkriecher von der Besatzung verstanden ihren Job. Sie waren absolute Perfektionisten.
Der muskelbepackte Kommandant packte die Schlaufe etwas fester, als das Boot mit der Nase voran in die Brandung krachte. Dan Harris, Annapolis-Absolvent des Jahrgangs 1981, galt als wandelnder Widerspruch. Er war eine Art kultivierter Rüpel, temperamentvoll und doch durch nichts aus der Ruhe zu bringen, wütend und ruhig zugleich, emotional und logisch, einfühlsam und gnadenlos – kurz gesagt: Er agierte immer so, wie es die Situation gerade verlangte. Das hatte er sich von anderen Kommandanten abgeschaut, die solche Einsätze leiteten. Die U. S. Navy war ein riesiger bürokratischer Apparat. Wenn man seinen Kopf durchsetzen wollte, musste man ziemlich viel Zeit darauf verwenden, Admirälen an der Spitze der Befehlskette in den Hintern zu kriechen.
Lt. Comm