: Helmut Lauschke
: Gründe und Abgründe des Lebens Botschafter zwischen den Säulen
: neobooks Self-Publishing
: 9783742781826
: 1
: CHF 13.40
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 175
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Existentialismus der Tage ist ein schmerzhaft einschnürendes Ding, wenn die Dialektik die Schleifen enger um die dünnen Hälse schlingt und den arglosen Betrachter ins verrenkt-verengte Denken zwingt. Wieviel größer ist die alte Freiheit, in der Platon das Höhlengleichnis bringt, aus dem der feste Verbund aus Ethik und Ästhetik jener Zeiten noch herüberklingt. Aus den Zeiten und ihren Böden sprossen die Talente zwischen all dem Schlingenkraut und Ungeziefer. Bricht die junge Blume dann im Sturm, liegen die Fragmente gebrochen wie im tiefen Frost der Ast der alten Kiefer. Wenn weggebrochene Äste Wald und Weg verwildern, wo dazwischen das Unverbrauchte mit den neuen Bildern zur großen Hoffnung auserkoren, aber sinn- und ziellos liegt, dann ist's der Abbruch, mit dem der Schöpfungskreis verlorengeht. Es ist das ständige Zaudern im Leben mit dem Zetern vorm Tod, vom Sauerstoff getragen, was einsetzt mit dem ersten Atemzug, wenn von Schwelle zu Schwelle sich streckt die frühe Not, fesselnd auf Atmung und Kreislauf drückt, als wär's ein Trug durch die Vergänglichkeit, dass sich die Mühe nicht lohnt, was im Brüllen reißender Stürme durch die Gassen hohnt, dass es nutzlos ist, das Gute zu tun und das Böse zu lassen, solange es den Tötungswahn der Kriege gibt mit dem Hassen. Wenn Menschheit die Worte 'Recht und Freiheit' im hohen Pathos spricht, während der Schmerz quälender Einsamkeiten im Menschen tief sitzt, dann spricht sie das Wort wie andere Worte an der Sache vorbei, denn verkehrte Menschheitsreden gab's und gibt es zuhauf und vielerlei. So gilt's, die stummen Spuren zu verfolgen, wenn Füße ihre Fersendrücke setzen, was flutende Wasser verwaschen und Winde in den sandigen Weiten verwehen. Ganze Leben zerbrechen und zerreißen samt Kleidern zu kümmerlichen Fetzen, wenn sie dem letzten Wahnsinnstritt folgen, das dann fersenverdreht. Befreit von Eitelkeit, von Schmutz und Schwäche steht der gerade Mensch recht ordentlich da.

• 1985-1998 Arzt und Chirurg/Unfallchirurg am Hospital in Oshakati (im hohen Norden Namibias unweit der angolanischen Grenze; innerhalb der Kampfzone bis zur Unabhängigkeit 1990)• entwickelte eine Operationsmethode, Kindern mit chronischer Schienbein-Osteomyelitis (Knochenmarksentzündung) den langen Knochendefekt nach Sequesterentfernung mit vitalem Knochen aus dem Wadenbein zu schließen und so das Bein vor einer Amputation zu retten (publiziert 1994 im: Journal of Bone and Joint Surgery).

Im großen Saal



Herr auf dem hohen Stuhl. Gegrüßet seid ihr Groß und Klein, ich grüße das Zusammensein, das auf den zehnten Jahrestag fällt, seit zum Herrscher ihr habt mich bestellt. Ich sehe, der große Saal ist voll, und die Reihen sind geschlossen. Es ist in Ordnung und das ohne Groll, doch vermisse ich Harlekin, den treuen Genossen.


Erster Minister. Er glitt über eine Schleppe und stürzte auf der Treppe, Was sein Befinden nun betrifft, es liegt im Dunkeln, da mögen Vermutungen durcheinander funkeln.


Zweiter Minister. Doch in unverhoffter Schnelle rückt ein anderer an die Stelle, und das nicht weniger farbig aufgemacht mit einer Miene, dass man herzlich lacht.


Bittsteller. Wer ist verwünscht und wird verjagt, wer wird beschimpft und hart verklagt? Wen von den Herren kann ich rufen, ich als ein Mann der unteren Gesellschaftsstufen? Dass ich es bis hierher hab’ geschafft, übersteigt fast meine letzte Kraft.


Herr. Was ist’s, was soll es sein? Vergeude nicht die Zeit, das kannst du später tun in aller Ewigkeit! So rede klar und nicht zum Schein. Wie du siehst in großer Zahl, es sind die Herren meiner Wahl, die mit ihren Reden kommen, die andere hören, da sollst du nicht länger unnütz stören.


Leute im Saal. Was will der mit seinem Rücken, der krumm ist nach dem vielen Bücken? Die Falschheit steht ihm im Gesicht, auf die Bank gehört er vor Gericht. Hier kniet er nur die Wahrheit krumm, dabei schaut er gar nicht dumm mit dem Kopf aus dem geschlossenen Kragen. Man sollte ihn ganz offen fragen, ob er denn weiß, dass jedem die Zeit teuer ist, die man sinnlos nicht verkniet und nicht versitzt,

weil es viel zu denken und zu reden gibt, damit sich das Erste nicht ins Letzte schiebt.


Herr. Ihr seht mit eigenen Augen, dass es mit dem Regieren nicht so einfach ist. Es gibt Männer wie an diesem Morgen, die kommen, dass einem der Atem schwitzt. Von Demokratie will ich hier nicht reden,

denn da verlören wir erst recht die Zeit mit den vielen Worten und dem Wortsalat, den würde es geben

mit der ganzen Hoffart falscher Eitelkeit.


Wohl ist das Diktat an Stufen auch nicht kürzer, doch schneller geht es in der Worte Wahl und ist so knapper in der Worte Zahl, in der zu vergreifen es sich nicht lohnt. Die Versammlung steht unter einem guten Stern mit euch Herren aus nah und fern. Doch müssen wir uns fragen, wie Völker das gemeine Schicksal weiter tragen, das mit Not und Elend eng zusammen geht, denen der Wind nicht das Glück entgegen weht.


Erster Minister. Ja, es ist der Hunger, der die Menschen aus den Hütten treibt, aus den Dörfern, aus den Städten, und man könnte wetten, dass es nicht gelingen wird, ihnen das Leben noch zu retten, auch wenn die große Mehrheit im langen Hunger schweigt. Programme gibt es in Fülle und auch Statuten, wie Früchte und Nahrung zu verteilen sind. Doch sind es die Peitschen und die Ruten, die auf Wehrlose schlagen im ersten Gegenwind.


Es schreit zum Himmel mit dem Unrecht, weil viele nicht genug zu essen haben. Dem Gewissen wird es übel, wird es schlecht, wenn es in das Elend blickt und hört die Klagen. Was ist das Leben denn noch wert, wenn sich keiner um die Armen schert, denen der Hunger die Kraft und Würde raubt, weil keiner den Dreck vor der eigenen Türe kehrt?

Ich sage es noch einmal, wenn Kinder zu Skeletten werden, dann wird das Leben ihnen zur Qual. Denn ohne Brot ist nichts auf Erden, was sie vor dem Hungertod bewahrt. Seht, wie sie mit aufgeschwemmten Bäuchen auf dünnen Beinen stehn und liegen und darauf warten, dass sie einer legt zur letzten Ruh nach den nur kurzen Jahren.

Zweiter Minister. Was fehlt, sind Ethik und Moral, denn Recht und Rechtschaffenheit sollten lindern ihre Qual. Doch ratlos sind die Menschen in den Straßen durch Armut und durch Not über ihre Maßen. Verstreut liegen Arme und Beine herum, auch gibt es Köpfe, sie waren nicht dumm, die nun erstarrt verharren mit anderen Gestalten, dass Kindergesichter blicken wie die alten.


Kritiker. Hass und Zwietracht toben wie in den wildesten Tagen, für den Ruf nach Zucht und Ordnung sind die Ohren taub. Blind stürmen die Menschen, andere werden erschlagen, die Maße des Grauens erschrecken durch Mord und Raub. In der Tarnung halten sich Mörder mit Dynamit bereit