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Kuibyschew, Sowjetunion
Dezember 1941
Als Cameron an diesem Abend des 7. Dezember ins Restaurant des Grand Hotels in Kuibyschew trat, erschien ihr der Anblick von Johnny Shanahan und Alex Rostow, die zusammen an einem Tisch saßen und sich angeregt unterhielten, so natürlich. Es dauerte ein paar Herzschläge, bis sie begriff, was an dieser Szene falsch war. Oder so wunderbar richtig! Alex war in Moskau gewesen, als sie vor mehreren Wochen Kuibyschew verlassen hatte, um ihre Familie in den Staaten zu besuchen. Damals hatte es so ausgesehen, als wären sie für sehr lange Zeit voneinander getrennt.
„Alex!“, rief sie aus. Sie vergaß alle Zurückhaltung, vergaß, dass der Raum voll neugierig gaffender Journalisten war, die plötzlich das Interesse an ihrem Essen verloren hatten, und eilte zum Tisch der beiden Männer.
Alex stand schnell auf und kam ihr auf halbem Weg entgegen. Er nahm sie in die Arme und hob sie vom Boden hoch. Sie küssten sich verliebt, bis die spottenden Bemerkungen der anderen Anwesenden an Camerons Ohren drangen. Johnny Shanahans Stimme war es, die sie schließlich aus ihrem verliebten Traumzustand riss.
„Äh ... ich verderbe euch ja nur ungern die Stimmung, aber hieß es nicht, dass ihr beide euch nicht treffen dürft ... Schon vergessen?“, mahnte er vorsichtig, aber mit dem üblichen Anflug von Sarkasmus in seiner Stimme.
„Zum Kuckuck mit der Polizei!“, entgegnete Alex und küsste sie erneut.
Aber Cameron entzog sich seiner Umarmung. Sie hatte die Polizei tatsächlich vergessen, so hypnotisiert war sie von Alex’ intensivem Blick gewesen, der sie wie ein von der Sommersonne erwärmter, kristallklarer, blauer Fluss durchströmte. Die Probleme mit Oleg Gorbenko hätten ihr beinahe eine Ausweisung beschert und hatten ihre Rückkehr nach Russland verzögert. Sie hatte eine Weile warten müssen, bis ihr Visum schließlich doch verlängert worden war. Die paar Wochen in Amerika hatten sie die Gefahren fast vergessen lassen, die es mit sich brachte, wenn man zu einem russischen Staatsbürger engeren Kontakt oder gar eine Liebesbeziehung hatte.
„Was machst du hier, Alex?“, murmelte sie.
„Du beklagst dich