Namibia
»Das ist ja wohl eine himmelschreiende Unfassbarkeit!«, schimpfte eine Katzenstimme. »Ich verlange, sofort aus diesem Kasten befreit zu werden!«
Liliane Susewind, genannt Lilli, sah sich nach einer ruhigen Ecke im Flughafen um, wo sie die Katze aus der Transportbox lassen konnte. Dort drüben neben den großen Fenstern war nicht viel los!
Während Lilli hinübereilte, zeterte die orangegetigerte Katze, die den eleganten Namen Frau von Schmidt trug, in den höchsten Tönen weiter. »Wenn ich nicht auf der Stelle meine Freiheit wiedererlange, wird Sie der glühende Sturm meiner Entrüstung treffen, und ich spreche nie wieder ein Wort mit Ihnen!«
»Das wäre doof«, murmelte Lilli. Denn obwohl Frau von Schmidt immer ziemlich viel herumnörgelte, unterhielt Lilli sich gern mit ihr. So wie mit anderen Tieren auch. Lilli hatte nämlich eine ganz besondere Gabe: Sie konnte mit Tieren sprechen.
»Lilli! Ich werd bekloppt!«, kam ein Bellen aus der zweiten Transportbox, die Lilli in der anderen Hand trug. »Hier riecht alles total krass! Krass anders! Anders als zu Hause!«
Zwischen den Gitterstäben der Box quetschte sich eine Nase hervor, und Lilli lächelte den zugehörigen kleinen Zottelhund an. Sie war froh, dass sie Hundisch genauso gut verstand wie Katzisch, denn der Zottelhund war ihr Freund Bonsai, der sie schon viele Jahre begleitete. Mit keinem Tier redete sie so viel wie mit der borstigen Promenadenmischung.
Bonsai zwängte nun auch die Vorderpfoten durch das Gitter und klebte daran, als würde jemand von hinten schieben. »Riechst du das, Lilli?« Seine eingequetschte Nase schnupperte eifrig, und er fiepte aufgeregt. »Die Luft hier ist ganz trocken! Und da sind Tiere drin, also in der Luft, da drin riecht es nach Tieren!«
Lilli hatte die ruhige Ecke neben den großen Fenstern erreicht. Sie stellte die beiden Transportboxen auf dem Boden ab, kniete sich hin und öffnete die Hundebox, um Bonsai herauszulassen. Sobald sie das getan hatte, hörte er auf zu fiepen. Stattdessen sprang er wie wild an ihr hoch.
»Lilli, Mannomann! Ich kann wieder springen! Kuck mal, wie ich springe!« Aufgedreht hüpfte er auf ihren Schoß und schleckte ihr übers Gesicht. Sein Schwanz wedelte wie verrückt. »Ich war total lange in der Kiste! Aber jetzt nicht mehr! Jetzt springe ich rum und bin bekloppt!«
Lilli konnte ihn kaum bändigen. Gleichzeitig ertönte ein empörtes Miauen. »Das ist ja wohl eine Frechheit!«, keifte Frau von Schmidt. »Ich hatte zuerst um Freilassung gebeten! Sie können Herrn von Bonsai doch nicht vor mir herauslassen, obwohl ich als Erstes dran war! Warum haben Sie das gemacht? Weil er so gefiept hat? Das kann ich auch. Iiieeehhhpf!«
Die Katze stieß einen schrillen Ton hervor, und Lilli zuckte zusammen. »Ich lasse Sie ja schon raus!« Schnell öffnete sie das Gitter der zweiten Box.
Frau von Schmidt verstummte, und ihre Augen blitzten auf. Doch eine Schnurrdame von Welt bewahrt immer Haltung, und deswegen schritt die Katze ruhig und besonnen wie eine Königin aus der Kiste.
Gleich darauf hopste Bonsai zu ihr und warf sie vor lauter Überschwang um. »Schmidti, altes Haus!«, kläffte er. »Alles fit?«
Die überrumpelte Katze kam auf die Füße und schüttelte sich. »Herr von Bonsai, bitte beherrschen Sie sich!«, miezte sie, doch sie klang nicht mehr ganz so empört wie zuvor. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie Bonsai sehr gern hatte und ihn für einen überaus kultivierten Herrn mit richtig viel Stil hielt. Diese Meinung hatte sie aber womöglich nur deshalb, weil sie kein Hundisch sprach und gar nicht wusste, was Bonsai immer so bellte.
»Schmidti, wir können auch zusammen bekloppt sein! Hast du Lust?«, jauchzte er. »Das wird der Hammer! Wir hüpfen hier zusammen ganz verrückt rum, ja?«
Bevor er Lilli bitten konnte, zu übersetzen, was er gesagt hatte, kam Lillis bester Freund Jesahja zu ihnen. Er trug zwei Wasserschüsselchen in den Hände