: Kerstin Gier
: Wolkenschloss Roman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104905839
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein magischer Ort in den Wolken. Eine Heldin, die ein bisschen zu neugierig ist. Und das Abenteuer ihres Lebens. Der neue Roman von Bestsellerautorin Kerstin Gier. Hoch oben in den Schweizer Bergen liegt das Wolkenschloss, ein altehrwürdiges Grandhotel, das seine Glanzzeiten längst hinter sich hat. Aber wenn zum Jahreswechsel der berühmte Silvesterball stattfindet und Gäste aus aller Welt anreisen, knistert es unter den prächtigen Kronleuchtern und in den weitläufigen Fluren nur so vor Aufregung. Die siebzehnjährige Fanny hat wie der Rest des Personals alle Hände voll zu tun, den Gästen einen luxuriösen Aufenthalt zu bereiten, aber es entgeht ihr nicht, dass viele hier nicht das sind, was sie vorgeben zu sein. Welche geheimen Pläne werden hinter bestickten Samtvorhängen geschmiedet? Ist die russische Oligarchengattin wirklich im Besitz des legendären Nadjeschda-Diamanten? Und warum klettert der gutaussehende Tristan lieber die Fassade hoch, als die Treppe zu nehmen? Schon bald steckt Fanny mittendrin in einem lebensgefährlichen Abenteuer, bei dem sie nicht nur ihren Job zu verlieren droht, sondern auch ihr Herz.

Kerstin Gier, Jahrgang 1966, hat 1995 ihr erstes Buch veröffentlicht und schreibt seither überaus erfolgreich für Jugendliche und Erwachsene. Ihre Edelstein-Trilogie, die Silber-Reihe und ihre Vergissmeinnicht-Bände wurden zu internationalen Bestsellern, mehrere Romane von ihr sind verfilmt worden. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln.

1


Mein erster Tag als Kindermädchen drohte, ein totaler Reinfall zu werden.

»Du bist ganz bestimmt das schlechteste Kindermädchen der Welt, Fanny Funke«, meinte auch Don, als ich hektisch an ihm vorbeilief und dabei »Jungs! Das ist nicht komisch! Kommt doch bitte wieder her!« rief.

»Ja, bitte, bitte, bitte!«, äffte Don mich nach.»Sonst werde ich nämlich gefeuert.«

Möglich war das. Und dabei hatte ich nur eine Minute nicht aufgepasst. Zu meiner Verteidigung: Es geht schneller, als man denkt, Kinder im Schnee aus den Augen zu verlieren, wenn sie sich absichtlich wegschleichen und dabei weiße Anoraks, weiße Schneehosen und weiße Mützen tragen. Derartige Kleidung gehörte doch per Gesetz verboten. Weit konnten sie nicht gekommen sein, bergauf war die glitzernde Schneedecke unberührt. Es gab hier auf der Westseite des Hotels allerdings im engeren Umkreis reichlich Verstecke für winzig kleine, schlaue Kinder in Tarnkleidung, sie konnten nicht nur hinter diversen Schneehaufen abgetaucht sein, auch vereinzelt stehende Bäume, Brennholzstapel und Mauervorsprünge boten perfekte Tarnung.

Ich kniff die Augen zusammen, um gegen das Licht anzublinzeln. Für den Abend und über die Weihnachtsfeiertage hatte der Wetterbericht neuen Schneefall angekündigt, aber noch war der Himmel leuchtend blau, und der Schnee funkelte mit den Fenstern und den kupfergedeckten Turm-, Türmchen- und Gaubendächern um die Wette. Unten im Tal hing dagegen schon seit gestern Morgen dichter Nebel. Wetterlagen wie dieser verdankte das Hotel seinen KosenamenWolkenschloss.

»Ungewöhnlich still, nicht wahr?« Don Burkhardt junior erinnerte mich daran, dass jetzt keine Zeit war, die Schönheit der Schweizer Berglandschaft zu bewundern. »Nicht, dass die lieben Kleinen schon erfroren sind …«

Don saß auf dem großen Schlitten, mit dem das Feuerholz zum Kellereingang gezogen wurde, baumelte mit den Beinen und leckte an einem Eis in der Waffel, das er sich persönlich in der Küche besorgt haben musste. Das Feuerholz hatte er vor dem »Willkommen im Château Janvier«-Schild einfach in den Schnee gekippt.

Das Eis brachte mich auf eine Idee. »Hey, Jungs! Wollt ihr vielleicht ein leckeres Eis essen?«, rief ich.

Aber es blieb mucksmäuschenstill.

Don kicherte vergnügt. »Du hättest dich nicht durch diesen tschechischen Saisonarbeiter von deinen Pflichten ablenken lassen sollen, Fanny Funke.«

»Heb du lieber das Holz auf, wenn du keinen Ärger bekommen willst«, sagte ich.

Obwohl Don für seine neun Jahre klein und eher schmächtig war und mit seinem Stupsnäschen und den seelenvollen, braunen Augen entzückend harmlos aussah, fürchtete ich mich insgeheim vor ihm. Nichts von dem, was er von sich gab, klang je auch nur ansatzweise altersgemäß, und das war doppelt irritierend, weil er so eine helle Kinderstimme hatte, einen niedlichen Schweizer Akzent und dazu leicht lispelte, und zwar ebenfalls auf die niedliche Art. Seine seltsame Angewohnheit, Menschen grundsätzlich mit Vor- und Nachnamen anzusprechen, manchmal noch ergänzt durch Ortsangaben, Eigenschaftswörter oder das Alter – »Du hast da eine Laufmasche in der Strumpfhose, Fanny Funke, siebzehn Jahre, aus Achim bei Bremen« –, hatte etwas seltsam Bedrohliches an sich, so wie in einem Mafia-Film, wenn jemand »Ich weiß, wo du wohnst«, raunte, um einem dann bei Gelegenheit einen Pferdekopf vor die Tür zu legen. Wenn man Glück hatte.

Don und seine Eltern waren Stammg