: Rafael Hüntelmann
: Grundkurs Philosophie V. Die Existenz Gottes
: Editiones Scholasticae
: 9783868382044
: 1
: CHF 8.80
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: Allgemeines, Lexika
: German
: 158
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gibt es einen Gott? Diese Frage bestimmt die Philosophie seit ihren Anfängen in Griechenland. Die philosophische Frage nach Gott beruft sich nicht auf Offenbarungen, sondern auf die Vernunft. Sie versucht im Ausgang von empirischen Gegebenheiten in unserer Welt und durch logische Schlussfolgerungen diese Frage nach der Existenz Gottes zu beantworten. Wird die Frage nach der Existenz Gottes positiv beantwortet, dann stellen sich weitere Fragen nach dem, wer oder was dieser Gott ist. Die Frage, ob es einen Gott gibt, ist in der Gegenwartsphilosophie wieder sehr aktuell geworden, trotz der stets wiederholten Verkündigung des Todes Gottes. Einer der am besten durchdachten Beweise für die Existenz Gottes stammt von Thomas von Aquin. Thomas' sogenannte 'fünf Wege' werden hier vorgestellt und ausführlich an Gegenargumenten geprüft. Aber auch neuere Gottesbeweise werden in dieser gut lesbaren und verständlichen Schrift diskutiert. Das Schlusskapitel stellt die Frage, wie es so viel Leid auf dieser Welt geben kann, wenn es einen gütigen Gott gibt.

Rafael Hüntelmann, Dr. phil. ist Verleger und Dozent für Philosophie an verschiedenen privaten Hochschulen. Er ist Autor verschiedener Bücher und Aufsätze mit dem Schwerpunkt Ontologie und Metaphysik. Zuletzt ist von ihm erschienen, Grundkurs Philosophie Band V, Die Existenz Gottes.

II. Gottesbeweise


1. Die „fünf Wege“ Thomas von Aquins


Ich möchte Ihnen nun im Folgenden die sogenannten „fünf Wege“, dieQuinque viae, wie sie auch oft genannt werden, vorstellen. Diese Gottesbeweise finden Sie in nahezu allen Büchern zur Religionsphilosophie oder zum Thema „Gottesbeweise“. Bedauerlicherweise gibt es aber nahezu kaum ein Buch, in dem die „fünf Wege“ wirklich richtig dargestellt werden, d.h. so, dass sie das, was Thomas von Aquin wirklich gemeint hat, zutreffend wiedergeben. Diese Kritik betrifft nicht nur atheistische oder agnostizistische Texte zu diesem Thema, sondern ebenso durchaus gute theistische Schriften, wie z.B. die im Übrigen recht gute Einführungsschrift von Winfried Löffler (22013) und selbst neuscholastische Texte. Dies mag sich nun so anhören, als hätte ich die einzig wahre Interpretation der Gottesbeweise entdeckt, doch dieses Eigenlob muss ich sogleich zurückweisen. Ich beziehe mich im Folgenden auf die Darstellung der Gottesbeweise bei Edward Feser in seiner SchriftAquinas (2009), die wirklich vorbildlich ist. Ebenfalls zu empfehlen ist die Schrift von Brian David (2014, 29–94), die allerdings die Gottesbeweise kürzer darstellt als Feser, die aber auch auf die üblichen Missverständnisse und Einwände eingeht. Dass viele andere Autoren eine unzureichende oder gar falsche Darstellung der Gottesbeweise bei Thomas geben, hat nachvollziehbare Gründe. Der Hauptgrund dürfte sein, dass sich die meisten Autoren ausschließlich auf die Darstellung derQuinque viae in derSumma theologiae beziehen, die sehr kurz ist und durchaus Anlass zu Missverständnissen gibt. Thomas sagt zu dem gleichen Thema erheblich mehr in seinerSumma contra gentiles, wo mehrere hundert Seiten den Gottesbeweisen gewidmet werden (dazu auch Norman Kretzmann 1997, 60ff. Eine Zusammenstellung der Gottesbeweise aus den beiden Hauptwerken Thomas von Aquins wurde von Horst Seidl 1982 [31996] veröffentlicht). Hier argumentiert Thomas deutlich sorgfältiger und ausführlicher. Ein weiterer Grund für die meist oberflächliche und unzureichende Darstellung der Gottesbeweise besteht wohl auch darin, dass diese heute als „überholt“ und „uninteressant“ für die heutige Zeit betrachtet werden, bzw. als zu „metaphysisch aufgeladen“, als zu „voraussetzungsreich“ usw., und man sich daher kaum die Mühe macht, tiefer in das Thema einzudringen, und sich nur auf die Sekundärliteratur verlässt. Wir werden gleich sehen, dass diese Vorwürfe unzutreffend sind und dass sich dieQuinque viae, richtig verstanden, als die bis heute besten Gottesbeweise erweisen. Allerdings sind tatsächlich eine Reihe philosophischer Voraussetzungen zu akzeptieren, die sich aber ebenfalls rechtfertigen lassen und die ich in den vier vorherigen Bänden der Reihe zum großen Teil auch bereits mit Argumenten gegen die wichtigsten Einwände verteidigt habe.

DieQuinque viae, die „fünf Wege“ Thomas von Aquins, die von ihm in aller Kürze in derSumma theologiae vorgestellt werden, haben Bezeichnungen bekommen, die ich kurz nennen möchte: Der „erste Weg“ wird auch alsBeweis aus der Veränderung bezeichnet. Der zweite Gottesbeweis heißtKausalbeweis und der dritte wirdKontingenzbeweis genannt. Der vierte Beweis geht von verschiedenen Seinsgraden aus und heißthenologischer Gottesbeweis und der fünfte wird alsteleologischer Beweis bezeichnet. Diese fünf Beweise stehen nicht in einer willkürlichen Ordnung hintereinander, sondern die Ordnung ist systematisch, so dass ein Beweis zumindest teilweise die anderen Beweise voraussetzt oder sich aus ihnen ergibt. Deshalb werde ich diese „fünf We