2. KAPITEL
„Also, sie hätte wirklich etwas begeisterter reagieren können!“
Irvin sah von dem Drehbuch auf, das er gerade las. Kitty Brown, seine PR-Agentin, starrte verdrossen auf ihr Handy. Er hatte ihr Gespräch über dem allgemeinen Gewusel des Teams kaum wahrgenommen. Dieses Team war ihre Idee gewesen – er wäre sehr gut ohne das alles ausgekommen. Es waren Tage wie diese, an denen er die Anonymität seiner Kindheit vermisste. Er war in einer der ärmsten Gegenden Londons aufgewachsen. Jetzt wurde alles, was er tat, von Kitty geplant, immer im Hinblick auf gute Fotos, die anschließend veröffentlicht werden konnten.
„Was ist los, Kitty? Hat sie sich nicht vor Dankbarkeit in ein Meer von Tränen aufgelöst?“ Er konnte immer noch nicht begreifen, wie dramatisch einige Frauen auf ihn reagierten.
„Wovon redest du? Die Frau hat nicht einen Funken Begeisterung darüber gezeigt, dass ihr Name gezogen wurde.“ Kitty runzelte die Stirn. „Ich hoffe, das ändert sich noch. Schließlich wollen wir nicht, dass sie auf jedem Foto ein mürrisches Gesicht macht.“
„Wie kommst du darauf, dass sie das tun könnte?“
„So etwas höre ich.“
„Es ist mir einerlei, ob sie lächelt oder nicht. Ich habe die Aktion gemacht, um Geld für die Stiftung zu sammeln. Das Geld wird wesentlich mehr Gutes bewirken als das Lächeln der Gewinnerin auf deinen Fotos.“
„Mag sein, aber ich habe dich nicht zum begehrtesten Junggesellen des Landes aufgebaut, um dann eine derart flaue Reaktion zu bekommen.“
„Ich finde flaue Reaktionen hin und wieder sehr erfrischend.“
„Mach dich nicht lustig über mich“, wies Kitty ihn zurecht. „Du würdest dich doch zu Tode langweilen ohne diesen ganzen Trubel.“ Sie machte eine ausladende Bewegung, die die zehn Leute des Teams umfasste, von denen jeder entweder telefonierte oder sich mit Facebook & Co befasste. Alles nur, um seinen Namen überall präsent zu halten und sein Image zu fördern.
An manchen Tagen hätte er sie am liebsten alle zum Teufel geschickt, aber er konnte nicht leugnen, dass es seine Vorzüge hatte, einer der großen Stars Hollywoods zu sein. Zumindest was das Geld betraf. Geld gab ein Gefühl der Sicherheit. Etwas, das er in seiner Kindheit sehr vermisst hatte. Und das Geld kam mit jedem neuen Action-Film, mit jeder Rolle, die er wie am Fließband ablieferte. Kitty in die Wüste zu schicken, war nicht sinnvoll, wenn er diese Sicherheit behalten wollte.
Offensichtlich war er müde, sonst hätte die gewohnte Routine ihn nicht so genervt. Das Wochenende mit der Gewinnerin war Höhepunkt und Abschluss der Promotion für seinen neuesten Film.
„Vielleicht würde ich mich langweilen“, stimmte er zu, „aber ich hätte nichts gegen etwas weniger Aufmerksamkeit einzuwenden.“
„Du bist zugänglich, und deswegen lieben die Leute dich, Irvin. Arrogante Typen lassen sich schlecht vermarkten.“
Er hätte gern darauf hingewiesen, dass es durchaus Stars gab, die sich aus dem Rampenlicht fernhielten, aber in diesem Moment machte sich sein Smartphone bemerkbar. Seine Spannung wuchs wie immer, seit er vor einer Woche sein Drehbuch an Kevin Lipinski geschickt hatte. Kevin war einer der erfolgreichsten Produzenten. Jeder seiner Filme wurde ein Kassenschlager. Falls das Drehbuch ihm gefiel und er bereit war, den Film zu produzieren, konnte das Irvins Chance sein, hinter der Kamera zu stehen statt davor. Er wollte selbst Regie führen.
Das Smartphone signalisierte den Eingang einer E-Mail. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder liebte Kevin das Drehbuch, oder er hasste es. Beide Antworten machten Irvin Angst.
Er drückte das E-Mail-Symbol und hielt den Atem an. Es war nur die Einladung zu einer Party. Vergebens versuchte er, seinen Frust zu unterdrücken. Wie lange konnte es dauern, ein Drehbuch zu lesen?
Kitty redete inzwischen weiter von Plänen für die Premierenfeier. Jemand aus dem Team lachte laut über etwas, das er am Telefon g