»Jesses! Das Kleid passt ja schon wieder nimmer!«
Rosalia Zirner, ihres Zeichens Schneiderin von Niederrainbach, schüttelte den Kopf und seufzte. Ihre bemerkenswerten Fähigkeiten waren weit über das kleine Bergdorf hinaus bekannt, selbst aus der fernen Kreisstadt kamen Kunden, um sich ein Trachtengewand von ihr nähen zu lassen. Doch an dem Brautkleid der Urlacher-Barbara schien sie zu scheitern.
»Es ist halt viel zu erledigen vor der Hochzeit, eine rechte Hetz. Und daher hab ich wohl auch wieder abgenommen«, sagte Barbara.
Sie war ein bildhübsches Mädchen mit herzförmigem Gesicht, tiefblauen Augen, die immer zu lachen schienen, und ungebärdigen honigblonden Locken. Alles an ihr schien üppig zu sein – ihre Haare, der Mund und nicht zuletzt ihre Gestalt. Doch nun hatte sie an Gewicht verloren, und die Taille des im Dirndlstil geschnittenen Brautkleids saß schon wieder zu lose.
»Wenn das enge Mieder und die Taille net passen, dann schaut das furchtbar aus«, bemerkte Rosalie und begann das Oberteil neu abzustecken, obwohl sie nichts mehr hasste als dauernde Änderungen.
»Aber es schadet ja nichts, wenn ich ein bisserl schlanker bin«, meinte Barbara und betrachtete sich in dem hohen Standspiegel.
»Hinterher erkennt dich dein Bräutigam nimmer und führt eine andere zum Altar«, grummelte Rosalia.
Barbara musste hellauf lachen, ein Lachen, das ihren Liebsten immer wieder in Entzücken versetzte.
»Der Tonerl braucht mir bloß in die Augen zu schauen, dann weiß er, wohin er gehört«, sagte sie dann halb im Ernst.
»Das ist recht so. Die meisten Mannsbilder haben ihre Augen nämlich immer woanders«, erklärte Rosalia.
»So einer ist mein Tonerl net. Er tät mir nie untreu werden. Auf den ist Verlass mein ganzes Leben lang.«
Rosalia nickte. »Und es ist auch gut, dass du dich mit deinen Schwiegereltern und der Schwägerin so gut verstehst. Wie viele Ehen gehen daran zugrunde, weil die Familie net mit der Heirat einverstanden ist. Aber bei euch passt halt alles.«
»Die Veronika war von früh an wie eine Schwester für mich, und bei den Urlachers war ich auch immer wie ein Kind im Haus. Der Tonerl hat lang net bemerkt, dass ich erwachsen geworden bin. Da hab ich sogar ein bisserl nachhelfen müssen …«
Rosalie kicherte so, dass ihr grauer Knoten, der unverrückbar auf ihrem Hinterkopf saß, zu zittern begann.
»Gewirkt hat es jedenfalls.«
»Und es ist