2. KAPITEL
Während Luca darauf wartete, dass Hannah aus der Umkleidekabine kam, nippte er an seinem Champagner und versuchte, sich zu entspannen. Er war ein bisschen zu überdreht wegen dieses Wochenendes, und das hatte seine viel zu clevere Sekretärin bemerkt. Er wollte jedoch nicht, dass sie sein Spiel durchschaute, bevor sie auf Santa Nicola waren. Denn er durfte nicht riskieren, dass sie es ablehnte, ihn zu begleiten. Obwohl Hannah Stewart sich seinen Wünschen bisher stets gefügt hatte, hatte sie mehr Rückgrat, als er anfänglich geglaubt hatte. Und er wollte nicht, dass sie es gegen ihn einsetzte.
Verstimmt trank Luca noch einen Schluck Champagner. In weniger als vierundzwanzig Stunden wäre er auf Santa Nicola und würde Andrew Tyson treffen. Ob der Mann ihn erkennen würde? Es war schon so lange her. Sollte Tyson ihn erkennen, würde das all seine Pläne ruinieren. Das hielt Luca jedoch nicht davon ab, trotzdem auf irgendeine Reaktion zu hoffen, die dieses Brennen in seiner Brust rechtfertigte, das er schon viel zu lange verspürte.
„Und?“, rief er Hannah zu, die schon seit fast zehn Minuten in der Umkleidekabine war. „Haben Sie schon etwas anprobiert?“
„Ja, aber dieses ist ein bisschen …“ Ihre Stimme verlor sich, und Luca sah zu dem geschlossenen Samtvorhang der Umkleidekabine.
„Kommen Sie heraus, dann kann ich es mir ansehen.“
„Ist schon in Ordnung.“ Sie klang ein wenig panisch, wenn auch entschieden. „Ich probiere etwas anderes an …“
„Hannah …“ Luca versuchte, seine Ungeduld zu bezwingen. „Ich würde das Kleid gern sehen, bitte.“ Er musste einfach sichergehen, dass Hannah glaubwürdig wirkte.
„Ich bin schon dabei, mich umzuziehen“, rief sie.
Doch Luca war bereits aufgesprungen, ging zur Umkleidekabine und zog den Vorhang auf.
Er wusste nicht, wer zuerst nach Luft schnappte – Hannah, die sein Verhalten schockierte, oder er selbst, weil der Anblick seiner Sekretärin ihn völlig unerwartet erregte.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm. Das Kleid aus hauchdünnem Stoff war hinten bis zur ihrer Taille heruntergerutscht, während sie es vorn schützend gegen ihre Brust presste. Sie wirkte wie eine empörte Jungfrau.
„Mr. Moretti …“, murmelte sie und errötete tief.
„Luca“, rief er ihr in Erinnerung und warf einen warnenden Blick zu der Verkäuferin, die diskret in einer Ecke wartete. Er wollte nicht, dass es Klatsch gab.
„Luca“, wiederholte Hannah, doch sie klang verärgert. „Gehen Sie bitte. Ich will mich umziehen.“
„Ich wollte das Kleid sehen. Schließlich bezahle ich es.“ Dass er diese Trumpfkarte gezogen hatte, kümmerte ihn wenig. „Wie viel kostet das Kleid?“, fragte er die Verkäuferin.
Die Frau zögerte kurz. „Neuntausend Pfund,Signor Moretti.“
„Neuntausend …“ Entsetzt wirbelte Hannah herum. Das Kleid wäre ihr fast aus den Händen gerutscht. Luca erhaschte einen Blick auf helle Haut mit ein paar Sommersprossen und den Ansatz einer kleinen, perfekt gerundeten Brust. Dann zog sie das Kleid bis zum Kinn, ihr Gesicht rot vor Scham.
„Vorsicht“, zog er sie auf. „Der Stoff sieht sehr delikat aus.“
„So delikat wie das Wochenende?“, gab sie zurück, und er lächelte.
„Ich wusste gar nicht, dass Sie auch wütend werden können.“
„Und ich wusste nicht, dass Sie neuntausend Pfund für ein Kleid ausgeben.“
Aufrichtig überrascht hob er die Augenbrauen. „Den meisten Frauen, die ich kenne, macht es Spaß, mein Geld auszugeben.“
„Dann haben Sie wohl nur wenige Bekanntschaften“, gab Hannah zurück. „Denn die meisten Frauen sind nicht nur an Geld oder shoppen interessiert.“
„Wenn Sie meinen.“
„Jedenfalls ist es falsch“, murmelte Hannah und wandte ihm wieder den Rücken zu.
„Warum haben Sie etwas dagegen? Es ist doch mein Geld.“
„Wissen Sie eigentlich, was man mit neuntausend Pfund alles machen kann?“ Sie bebte vor Empörung.
„Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie eine dieser mitfühlenden Seelen sind“, erwiderte Luca. „Ich hätte mehr von Ihnen erwartet, Hannah.“
„Bin ich nicht“, antwortete sie steif. „Ich hätte nie einen Einwand erhoben, wenn Sie das Geld für sich selbst ausgeben würden. Aber für mich …“
„Das ist meine Entscheidung“, fiel er ihr ins Wort. „Und jetzt will ich endlich sehen, wie das Kleid an Ihnen aussieht.“
Die Verkäuferin verstand den Wink, trat vor und zog den R