1. KAPITEL
„Ich weiß nicht, was das ganze Theater soll.“ Lily Tanner rollte genervt die Augen, während sie mit ihrer älteren Schwester Marcy telefonierte. Sie hatte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt, während sie die Schulbrote für ihre beiden Mädchen machte.
„Theater?“ Ihre Schwester schien fassungslos. „Männer sind für dichTheater?“
„Nein, nichtTheater.“ Lily verstrich die Erdnussbutter auf dem Brot so hastig, dass die Scheibe riss. Es war die letzte Scheibe – sonst hatte sie nur noch den Knust, und den hassten ihre Töchter.
„Wer macht Theater?“ Ihre Jüngste war hereingekommen, die sechsjährige Brittany.
„Niemand“, versicherte Lily ihr, während die Kleine sich wie im Trance durch die Küche bewegte und an ihrem Glas Milch nippte.
„Kein …Theater ist eine Zeit lang in Ordnung“, setzte Marcy am Telefon ungerührt hinzu. „Es ist auch absolut nachvollziehbar, wenn man bedenkt, was Richard dir zugemutet hat. Aber nach einer Weile braucht jede Frau wieder ein bisschenTheater.“
„Ach, verdammt, ich nenne das nichtTheater.“ Lily versuchte die Scheibe Brot zu retten. Ihr stand heute nicht der Sinn nach langen Tiraden ihrer Mädchen.
„Du hast gesagt, niemand macht Theater“, erinnerte Brittany sie.
„Theater? Wer macht Theater?“ Ginny, das ältere der beiden Mädchen, war hereingekommen. Sie sah wie so oft in letzter Zeit besorgt aus. „Geht es um Daddy? Hast du Theater mit Daddy?“
„Nein. Ich habe doch schon gesagt, dass niemand Theater macht.“ Lily seufzte. „Ich habe mich nur mit eurer Tante Marcy unterhalten. Und es ging überhaupt nicht um Theater, es ging um …“
„Na, da bin ich aber gespannt!“, ließ sich Marcy an ihrem Ohr vernehmen.
„… um Toffees.“ Etwas anderes fiel Lily so schnell nicht ein.
Marcy prustete laut los.
Lily schob die Brote in die Lunch-Box.
Ginny schien unsicher, ob sie ihrer Mutter glauben sollte.
Brittany hingegen verkündete mit der ganzen Inbrunst einer Sechsjährigen: „Ich mag Toffees.“
„Na also.“ Lily lächelte ihre beiden Mädchen an. „Jeder mag Toffees.“ Sie brachte die Kinder zur Tür.
Brittany zupfte sie am Stoff ihrer Shorts. „Haben wir Toffees da?“
„Nein, Liebes, im Moment nicht. Aber vielleicht heute Abend. Ihr müsst euch jetzt beeilen, denn Mrs. Hamilton kann jeden Augenblick hier sein.“
Lily winkte Betsy Hamilton zu, die an diesem Tag den Fahrdienst zur Schule hatte und gerade am Straßenrand vorgefahren war. Nachdem die Mädchen fort waren, wandte sie sich wieder ihrer Schwester am Telefon zu. „Also wirklich, Marcy!Toffees? Für Männer und Sex?“
„He, du hast das Wort aufgebracht, nicht ich. Aber das wird fortan unser Code sein.“
„Wir brauchen kein Codewort. Wir brauchen überhaupt nicht über das Thema zu reden. Es geht mir gut“, beharrte Lily.
Sie hatte wirklich etwas Besseres zu tun, als sich Gedanken über Männer zu machen. Nicht, solange sie jeden Tag tausend Dinge zu erledigen hatte und die Mädchen sie ständig in Beschlag nahmen. Und solange Richard so nervig war wie eh und je.
Wem stand da der Sinn nach Männern?
„Darf ich dich daran erinnern, dass mir nur noch ein knappes Jahr für dieses Haus bleibt? Zehneinhalb Monate, um ganz genau zu sein. In der Zeit muss ich es so aufgemöbelt haben, dass es sich gut verkaufen lässt. Mein Anteil muss genug Geld bringen, damit ich f