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MARK
Der Wein ist mir zu Kopf gestiegen, wie mir auffällt, als ich Nachschub aus der Küche hole. Ich bin angenehm beschwipst, fühle mich wattig und warm, vergesslich. Carla schmettert ihr Carla-Lachen – dieses herzhaft hexenhafte Gackern, vor dem selbst Geister Reißaus nähmen. Irgendwo unter diesen Eselsschreien lacht leise und zaghaft auch Steph – gefühlt zum ersten Mal seit Wochen. Seit damals.
Ohne zu viel an die geronnene Vergangenheit in der Speisekammer zu denken, schnappe ich mir eine Tüte Chips und trete schnell zurück in die Küche. Carlas Verabredung hat teuren Rotwein mitgebracht und mir die Flasche mit dem Hinweis in die Hand gedrückt, dass wir ihn für eine besondere Gelegenheit aufsparen sollten. Allerdings erfüllt das Zeug bestimmt auch heute seinen Zweck. Ich reiße die Chipstüte auf, stopfe mir eine Handvoll in den Mund und will gerade den Wein von der Küchentheke nehmen, als der Bewegungsmelder das neue Flutlicht im Garten aktiviert. Vor Schreck greife ich daneben und werfe die Flasche um, sodass sie in einen Haufen schmutziges Geschirr scheppert und ein paar Messer und Gabeln klirrend von einem Tellerstapel rutschen.
Einen Augenblick lang ist mir der Lärm zu viel; Scherben und Besteck rasseln mir auf die Füße und auf den Boden. Trotzdem kann ich die Augen nicht vom Fenster lassen, starre gebannt hinaus. Als könnte ein Flutlicht die Monster fernhalten.
Es dauert aber doch etwas länger als einen Augenblick, denn als das Licht endlich wieder erlischt, ohne etwas gezeigt zu haben, herrscht Stille um mich. Dann höre ich, wie jemand sich hinter mir bewegt.
»Mark?« Stephs Stimme. »Alles in Ordnung, Schatz?«
Ich reiße mich zusammen. »Ja. Entschuldige. Hab nur … was fallen lassen.«
Steph tappt auf mich zu, bewegt sich barfuß durch die Scherben.
»Nicht«, sage ich. »Du schneidest dich.«
Sie hört nicht auf mich, kommt auf Zehenspitzen näher und blickt hinaus in den dunklen Garten. »Hast du was gesehen?«, fragt sie leise. »Jemanden?«
»Bestimmt nur ’ne Katze.«
»Und es ist echt alles in Ordnung?«, fragt sie und drückt meinen Arm.
»Alles gut«, versichere ich. Doch mein Benehmen ist mir peinlich, also nehme ich den Wein und führe Steph durch die Scherben zurück ins Wohnzimmer. Als wäre sie auf meine Führung angewiesen. In Wahrheit fühle ich mich selbst in diesem Augenblick, neben dieser starken, jungen Frau, blind und verletzlich. »Trinken wir den Wein