Vorwort
Da liegt etwas sehr Besonderes in Marie Fredrikssons Blick.
Das denke ich, als wir uns an einem frühen Herbsttag 2013 treffen, um ein erstes Mal darüber zu sprechen, dieses Buch zu schreiben.
Ich bin nach Djursholm zur Villa der Bolyos gefahren, wo Marie mit ihrem Mann Micke, ihren beiden Kindern Josefin und Oscar und der Katze Sessan (Schwedisch für Prinzessin) wohnt.
Marie strahlt etwas Weises und Geheimnisvolles aus. Als hätte sie Dinge erlebt, die sich nicht in Worte fassen lassen. Schwindelerregende Erlebnisse. Lange Reisen, innerlich und äußerlich, in die Dunkelheit und hinein ins Licht, Kilometer um Kilometer weltweit.
Als Marie mir in die Augen sieht, verstehe ich sofort, wie ernst ihr Wunsch ist. Dass sie mit ihrer Geschichte ein echtes Ziel verfolgt, sowohl für sich selbst als auch für andere. Dass ihr Gedächtnis Lücken aufweist, ist eine der Folgen ihres Hirntumors. Stück für Stück kommen die Erinnerungen zurück, und jetzt möchte sie ihre Geschichte rekonstruieren.
Aber das ist nicht der einzige Grund.
„Ich möchte, dass die Leute davon erfahren.“ Entschlossenheit liegt in ihrer Stimme. „Ich möchte erzählen, wie es ist, von diesem Schicksal getroffen zu werden, das mich ereilt hat.“
Wir sitzen auf einer weißgrauen Sofagruppe in dem stilvollen Haus. Weiße Rosen in einer Kristallvase. Antike Gegenstände und ein großer, schwarzer, glänzender Flügel. Ein Gemälde von Einar Jolin, von dem man nur schwer den Blick lösen kann. Wie viele Villenbewohner dieser Gegend hat auch Familie Bolyos ein Interesse daran, sich schön und geschmackvoll einzurichten und verfügt dafür über die nötigen finanziellen Mittel.
Natürlich möchte ich Maries Geschichte erzählen.
Wir treffen uns von Herbst 2013 bis zum Sommer 2015, und in dieser Zeit passiert viel in Maries Leben. Besonders ruhig ist es dabei nicht, obwohl sie darum bemüht ist, den Frieden in sich zu wahren. Sie geht auf ihre erste Solotournee, seit bei ihr im Herbst 2002 Krebs diagnostiziert wurde. Sie bringt mit Micke die Platte „Nu!“ („Jetzt!“1) heraus. Sie spielt mit Roxette neue Lieder ein, und die Band begibt sich auf Welttournee, angefangen in Russland, weiter über Australien und Europa.
Man braucht nicht viel Zeit mit Marie zu verbringen, um zu begreifen, dass man es mit einer Kämpferin mit eisernem Willen zu tun hat. Manchmal benötigt sie Hilfe, um vom einen Zimmer ins andere zu gehen, und dennoch reist sie um die ganze Welt, um sich vom Publikum bestaunen zu lassen.
„Ja, aber was soll ich denn sonst machen?“, fragt sie. „Mich hinlegen und sterben? Dagegen habe ich mich sehr früh entschieden. Ich werde mich niemals hinlegen und sterben.“
Und dann fügt sie hinzu: „Und mit meiner Stimme gab’s verdammt noch mal nie ein Problem!“
Zwei Jahre lang treffen wir uns regelmäßig bei Marie. Sie wohnt in der Nähe der Bucht Stora Värtan in Djursholm, Stockholms exklusivstem Vorort mit vielen prunkvollen Villen hinter sorgfältig bewachten Mauern. Die Villa ist ihr Zuhause und ihre Festung. Sie verlässt sie nie allein, geht meist nicht mal ohne Begleitung in den Garten. Das eine Bein hat während der Strahlenbehandlung Sc