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Da war eine alte Holzbrücke, die über einen schwarzen Fluss führte. Den Fluss nannten die Einheimischen Blutfluss und die Brücke Blutbrücke, und der Grund dafür war, dass während des Bürgerkrieges an jener Stelle folgender Kampf stattgefunden hatte:
Von Norden war eine Maschinengewehrkompanie der Weißen angerückt, um die Brücke zu erobern, die von den Truppen der Roten gehalten wurde. Die Roten hatten sich am Südende der Brücke hinter der Uferböschung verschanzt und leisteten mehrere Stunden lang erbitterten Widerstand. Aber die Angreifer hatten ihr Maschinengewehr so ausgerichtet, dass sie mit seiner Hilfe das Gelände kontrollieren konnten, und so gingen sie als Sieger aus dem Kampf hervor.
Am Abend jenes lange zurückliegenden Tages drangen die Weißen nach heftigem Beschuss auf die Brücke vor, und viele Rote wurden ihre Gefangenen, etliche ließen ihr Leben. Während jener entscheidenden Augenblicke war der Zugführer der Roten, ein Mann namens Vornanen, auf die Brücke gelaufen, wo er zur Zielscheibe des Maschinengewehrs geworden war. Der Überlieferung zufolge hatte Vornanen, in seinem Blut liegend, noch mit sehr lauter Stimme geschrien:
»Die kommenden Generationen werden unser Blut rächen!«
Eine andere Version besagt, Vornanen habe vor seinem Tod Folgendes gerufen:
»Diese Gemeinde wird noch einmal vor den Roten auf Knien liegen, und vorher wird das Blut, das jetzt fließt, hundertfach gerächt!«
Die Weißen nahmen die Brücke in Besitz, spießten den blutüberströmten Vornanen mit dem Bajonett auf und warfen ihn in den Fluss; es wird erzählt, ein Bauernsohn namens Jäminki aus derselben Gemeinde habe diese letzte Tat verübt. Von da an wurde die Brücke also Blutbrücke und der Fluss Blutfluss genannt. Der Strom riss Vornanens Leiche mit sich, sie wurde niemals gefunden, sofern überhaupt nach ihr gesucht wurde, und mit den Jahren verblasste die Erinnerung an dieses blutige Ereignis.
In den dreißiger Jahren fanden auf der Brücke Tanzveranstaltungen statt, und manchmal prügelten sich die jungen Männer des Dorfes dort zum Zeitvertreib, wobei häufig auch der Dolch zum Einsatz kam.
Während des Zweiten Weltkrieges patrouillierte Eemeli Jäminki, ein Mitglied des Schutzkorps und der reichste Bauer der Gemeinde Kuusmäki, mit geschultertem Gewehr auf der Brücke. Er war Vorsitzender des Wohlfahrtsausschusses und brauchte somit nicht an die Front, doch militärisch aufgeklärt, wie er war, wollte er dennoch seine Kraft in den Dienst des Staates stellen. So stand er denn fast während des ganzen Krieges auf der Brücke und bewachte sie. Vor allem fürchtete er, Fallschirmjäger könnten auftauchen und die Brücke anzünden oder sprengen, doch war er sich auch noch einer anderen Gefahr bewusst, und so spähte er häufig besorgt zum Himmel, ob vielleicht Bomber der Roten Armee die kleine Holzbrücke angreifen wollten. Er forderte sogar ein Luftabwehrgeschütz zur Verteidigung der Brücke, doch das wurde ihm nicht bewilligt. Die ständige Sorge um die eventuelle Gefahr aus der Luft ließ Jäminkis Gesicht während jener Kriegsjahre faltig, ja regelrecht hart werden.
Nach dem Krieg flutete ein wachsender Verkehr über die Brücke, und unter ihr strömte der Fluss und transportierte ungeheure Mengen schwarzen Wassers zum Meer. Im Laufe der Jahre ließ dieses Wasser die Ho