1. Kapitel
Der Hase
Zwei Männer fuhren zur Mittsommerzeit eine Sandstraße entlang. Sie waren übermüdet, und die untergehende Sonne, die durch die staubige Frontscheibe drang, blendete sie. Die finnische Landschaft zog an ihnen vorüber, aber die Schönheit des Abends ließ sie vollkommen gleichgültig.
Sie waren dienstlich unterwegs, ein Redakteur und ein Fotograf, zwei unglückliche, zynische Menschen. Beide waren um die vierzig, und die Hoffnungen ihrer Jugend hatten sich nicht erfüllt, nicht einmal annähernd. Beide waren sie betrogene und enttäuschte Ehemänner, beide litten sie an einem Magengeschwür, und beide waren sie von den Sorgen des Alltags gezeichnet.
Sie hatten sich gerade darüber gestritten, ob sie heute noch bis Helsinki fahren sollten oder ob es besser wäre, in Heinola zu übernachten. Jetzt redeten sie nicht mehr miteinander. Steif und stur fuhren sie durch den schönen Abend und merkten nicht, wie erbärmlich das war. Eine anstrengende Fahrt.
Auf einem sanften Hügel tummelte sich ein junger Hase in der Sonne. Vom Sommer berauscht machte er mitten auf der Straße Männchen. Die rote Sonne umrahmte ihn wie ein Gemälde.
Der Fotograf, der am Steuer saß, bemerkte das kleine Wesen, aber sein Hirn reagierte nicht schnell genug. Der staubige Halbschuh trat schwer auf die Bremse, doch zu spät. Das erschreckte Tier sprang vor der Kühlerhaube in die Höhe, schlug mit einem dumpfen Knall gegen die Frontscheibe und flog in hohem Bogen in den Wald.
»He, wir haben einen Hasen überfahren!«, sagte der Redakteur.
»Verfluchtes Vieh, beinahe wär die Scheibe kaputt gewesen.« Der Fotograf hielt an und fuhr rückwärts zum Ort des Geschehens. Der Redakteur stieg aus.
»Siehst du ihn?«, fragte der Fotograf gleichgültig. Er hatte das Seitenfenster heruntergekurbelt, ließ den Motor aber weiterlaufen.
»Was?«, rief der Redakteur aus dem Wald.
Der Fotograf zündete sich eine Zigarette an und saugte mit geschlossenen Augen. Er fand erst in die Wirklichkeit zurück, als ihm die Zigarette die Finger verbrannte. »Komm schon, ich habe keine Zeit, wegen eines blöden Hasen hier herumzustehen!«
Der Redakteur lief zerstreut durch das lichte Gehölz, gelangte an eine kleine Wiese, sprang über einen Graben und starrte in das dunkelgrüne Gras. Dort saß das Häschen.
Sein Hinterlauf war gebrochen. Die Pfote hing kläglich herab und bereitete dem Tier solche Schmerzen, dass es nicht weglief, obwohl es einen Menschen kommen sah. Der Redakteur hob das verschreckte Häschen hoch. Er brach einen Zweig ab und schiente den Hinterlauf mit Stoffstreifen, die er von seinem Taschentuch riss. Das Häschen barg Schutz suchend den Kopf zwischen den kleinen Vorderpfoten, sein Herz klopfte so stark, dass seine Löffel bebten.
Von der Landstraße tönten nervöses Motorengebrumm, zwei gereizte Hupsignale und