1. Kapitel
»Wegen gestern Abend …«
Die Worte wurden ganz leise ausgesprochen. Fast wie eine Frage. Dennoch verspürte Aidan Mitchell sofort das dringende Bedürfnis, mit dem Kopf gegen die Tischplatte zu schlagen. Oder gegen die Wand – je nachdem, was näher war. Der Tisch, vermutete Aidan. Ganz sicher war er sich allerdings nicht. Vielleicht war es auch keine gute Idee, mit dem Kopf gegenirgendetwas zu schlagen. Denn ehrlich gesagt war das Letzte, was er gebrauchen konnte, noch mehr Kopfschmerz. Sein verkaterter Zustand war schon schlimm genug.
»Ich habe nichts«, gab er zu und blinzelte in das viel zu helle Licht des Cafés. Wenn ein Mann sich so schlecht fühlte wie er jetzt, war Kaffee die einzige Lösung. »Keine Entschuldigung, keine Erklärung.«
Er wollte noch mehr sagen. Dass es nicht sein Fehler gewesen war. Nur stimmte das leider nicht.
Verdammt, dachte er. Eigentlich war er doch kein schlechter Kerl. Er liebte seine Mutter, bezahlte seine Steuern und leitete eine ziemlich erfolgreiche Firma. Aber irgendwo auf seinem Weg durchs Leben war er trotzdem ein totaler Idiot geworden. Nur, warum sollte er das Offensichtliche aussprechen?
Die Frau, die neben seinem Tisch stand, deutete auf den freien Stuhl ihm gegenüber. »Darf ich?«
Aidan nickte und wünschte sofort, es nicht getan zu haben, als der Schmerz hinter seinen Augen explodierte. Er ermahnte sich, dass es ein kleiner Preis war für das, was er sich geleistet hatte.
Er ignorierte das stete Pochen in seinen Schläfen und versuchte, sich auf seine neue Tischnachbarin zu konzentrieren. Shelby Gilmore war klein und hatte blaue Augen. Zierlich, dachte er. Hübsch genug, um die Aufmerksamkeit eines jeden Mannes zu erwecken, der noch eigenständig atmete. Aber nicht für ihn, denn er hatte klare Regeln. Keine einheimischen Frauen. Touristinnen waren einfacher. Allerdings sah man ja jetzt, wo das hinführte.
Ihr Blick war fest auf ihn gerichtet, als sie ihren Kaffee trank. Sie schien zu versuchen, etwas herauszufinden. Da es vermutlich um ihn ging, konnte er ihr die Mühe ersparen.
»Ja«, sagte er und hörte selber, wie rau seine Stimme klang. Ohne Zweifel eine weitere Auswirkung des Alkohols, der vermutlich immer noch von seinem Körper verarbeitet wurde. »Ich bin ein Arsch. Ich bin sicher, irgendwo in der Zeitung steht ein Artikel darüber.«
Sie lächelte. »Die Zeitung ist bereits erschienen, und ich habe nichts dergleichen gelesen. Andererseits überblättere ich die ›Arsch‹-Seiten immer, weil sie so deprimierend sind.«
»Sehr witzig. Amüsiere dich ruhig auf meine Kosten. Das habe ich verdient.«
Ihre Haare fielen ihr über die Schultern. Sie waren glatt und von einem Blond, das fast schon golden