: Christine Lavant
: Fabjan Hafner, Doris Moser
: Gedichte aus dem Nachlass
: Wallstein Verlag
: 9783835341012
: Christine Lavant: Werke in vier Bänden
: 1
: CHF 28.10
:
: Lyrik
: German
: 654
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Fast 500, größtenteils unbekannte Gedichte von Christine Lavant. Eine unvergleichliche Entdeckung. »Wer das, was er schreiben muss, zurückhält, ist vielleicht wie ein Weib, das seine Kinder vergräbt aus Angst, sie könnten dem lieben Nachbarn nicht gefallen«, stellte Christine Lavant fest. Die Kärntner Dichterin schrieb zeitlebens ca. 1.800 Gedichte. Nur gut ein Drittel davon hat Lavant auch veröffentlicht. Inhaltlich kühnere, formal riskantere Gedichte hielt sie zunächst zurück, und nach der Veröffentlichung ihres dritten großen Gedichtbandes »Der Pfauenschrei« (1962), als ihre dichterische Stimme nahezu verstummt war, wollte sie von Veröffentlichung nichts mehr wissen. Viele Gedichte aus dem Nachlass zeigen ungeschützt und zugänglich, wo Lavants bildgewaltige Dichtung ihren Ausgang nimmt. Es ist eine Lyrik, von der Monika Rinck sagt, sie sei »die ungeheure Transformation von Schmerz und Leid in ein großes, kraftvolles und zuweilen immens komisches Werk«. Der dritte Band der vierbändigen Werkausgabe enthält eine Auswahl aus den nachgelassenen Gedichten aus allen Schaffensperioden, darunter auch das lange Zeit verschollene, erst kürzlich wieder entdeckte Erstlingswerk »Die Nacht an den Tag«, das 1948 zwar gesetzt, aber nie gedruckt wurde. Drei Viertel der hier versammelten Gedichte sind Erstveröffentlichungen, die übrigen wurden zuvor in diversen Nachlasspublikationen publiziert.

Christine Lavant, (1915-1973), geb. in St. Stefan im Lavanttal (Kärnten) als neuntes Kind eines Bergmanns, war Lyrikerin und Erzählerin. Ihre Schulbildung musste sie aus gesundheitlichen Gründen früh abbrechen. Jahrzehntelang bestritt sie den Familienunterhalt als Strickerin. Sie erhielt u. a. den Georg-Trakl-Preis (1954 und 1964) und den Großen Österreichischen Staatspreis (1970). Seit 2014 erscheint eine Werkausgabe von Christine Lavant im Wallstein Verlag. Fabjan Hafner, 1966-2016, Studium der Slawistik und Germanistik. Literaturwissenschaftler, Übersetzer, Autor. Doris Moser, geb. 1965, Studium der Anglistik/Amerikanistik und Germanistik. Zunächst Radiojournalistin und Kulturorganisatorin (Ingeborg-Bachmann-Preis). Seit 1996 Leiterin des Fachbereichs Angewandte Germanistik an der Universität Klagenfurt.

Die Nacht an den Tag


Die Nacht an den Tag


Heute sah ich ihn wieder!

Frühe schon harrte

mein mondenes Auge

in seinem Gezelt,

das er in anmutsvoller Bläue

hingebreitet hatte über die Welt;

und alle Dinge der Erde sangen ihm Lieder.

Ihm, dem schönen, dem herrlichen Tag.

Heute, heute sah ich ihn wieder.

 

Ach und ich weine. –

Und nur nach Ewigkeiten

darf ich ihm senden

mein mondenes Auge,

schmalgesichelt,

in sein Gezelt.

Dann zittert mein Herz:

heller, heller Geliebter!

Hinwandert ewig

mein trauriges Lieben.

Es stehen um die Tale mancher Kindheit


Es stehen um die Tale mancher Kindheit

schon die Gebirge des Erwachsenseins;

und ihre Schatten fallen schwer und breit

oft in den Zauber dieses zarten Scheins,

der dünn und gläsern ist und leicht zerbricht.

 

So mancher isst aus seiner Kinderschale,

die ihm sein Engel stumm entgegenhält,