Kapitel 2 – Skya
Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte. Und Mona offenbar auch nicht. Eine Weile lang starrten wir schweigend auf den kleinen Salontisch, als würde dort nächstens die Lösung für unser Problem auftauchen.
Natürlich passierte das nicht …
Alles, was auftauchte, war mein Kater, der auf den Namen Dämon hörte und uns mit großen, gelben Augen ansah. Sein graues Fell leuchtete stets, da ich es täglich bürstete. Er schien zu merken, dass wir angespannt waren und maunzte leise, während sein Schwanz unruhig hin und her zuckte. Nach ein paar Sekunden tapste er beleidigt weg, weil ich ihn nicht beachtete. Aber ich war nicht in der Lage, ihm jetzt die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Ich hatte ein Problem zu lösen.
Ja, es warunser Problem. Ich liebte Mona. Wir kannten uns schon so lange, waren zusammen aufgewachsen. Und der Gedanke, dass sie bald sterben könnte – hingerichtet würde! –, bildete in meinem Magen schmerzhafte Knoten, während mein Herz am liebsten stillstehen wollte.
Wenn Praeda es wusste, war es nur eine Frage der Zeit, bis Mona festgenommen wurde. Die Räte würden sie zum Tode verurteilen, weil sie gegen unsere heiligste Regel verstoßen hatte.
Das durfte einfach nicht passieren, wir mussten irgendetwas dagegen unternehmen. Mussten sie verstecken, bis wir eine bessere Lösung gefunden hätten. Bis wir das Kind los waren. Bis wir …
»Meinst du …«, unterbrach Mona meine herumwirbelnden Gedanken, die mir mit jeder Sekunde stärkere Kopfschmerzen bereiteten. »Meinst du, es stimmt, was uns der Rat immer erzählt hat? Dass ich sterben werde bei der Geburt?«
Ich wandte ihr langsam den Kopf zu, meine Stirn in tiefe Falten gelegt, und fuhr mir mit der Hand durch das Haar. Einige Sekunden lang musterte ich sie nachdenklich.
Ich hatte noch nie hinterfragt, ob es stimmte, was die Ältesten uns über Schwangerschaften erzählten. Aber ich war auch nicht gewillt, es drauf ankommen zu lassen.
»Ich … weiß es nicht …«, gestand ich leise.
Sie nickte und starrte wieder niedergeschlagen auf den Salontisch.
Ich hatte noch nie eine Schwangere gesehen, hatte mich mit diesem Thema nicht einmal im Ansatz befasst, da es so absurd und weit weg von meinem Alltag war.
Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass jemals eine Diés schwanger gewesen war, weil die Inducer uns stets die Kinder gebracht hatten. Diese geheimnisvollen Gestalten, die Diener unserer Göttin Solaris und des Nox-Gottes Lunos. Sie brachten in ihren Booten regelmäßig Babys und Kleinkinder über das Meer, welche in feierlichen Zeremonien an die Räte der Nox und Diés überreicht wurden, je nachdem, zu welchem Volk sie gehörten. Auch Mona und ich waren in solch einem Boot hierhergekommen.
Die Inducer kamen durch die unsichtbare Barriere, die unsere Inseln umgab und die sonst keiner überwinden konnte. Dahinter befand sich das Land der Götter. So war es immer schon gewesen und würde es immer sein. Keiner stellte das infrage und keiner wusste, woher die Kinder kamen. Keiner … außer mir. Oder zumindest vermutete ich, dass die Bilder, an die ich mich erinnerte, etwas damit zu tun haben mussten. Doch meine Fragen wollte ja ohnehin niemand beantworten.
»Vielleicht …«, murmelte Mona und unterbrach damit ein weiteres Mal meine Gedankenflut. »Womöglich stimmt es ja nicht und ich überlebe die Geburt.«
Ich schnaubte unwirsch durch die Nase. »Willst du wirklich wegen eines ungeborenen Kindes dein Leben riskieren? Ganz zu schweigen davon, dass Praeda dieses Mal deinen Kopf nicht aus der Schlinge ziehen kann. Sie wird das Gesetz befolgen müssen und das Gesetz besagt, dass jeder, der im Verdacht steht, mit einem Angehörigen der Nox intim geworden zu sein, hingerichtet wird … und dass du eindeutig mit einem Nox intim geworden bist, das werden alle sehen, sobald deine Schwangerschaft weiter fortgeschritten ist …« Ich brach ab und schauderte bei dem Gedanke