1. KAPITEL
In derselben Nacht,
fünfundzwanzig Meilen außerhalb von Bullet City, Wyoming
Als Abby die in einem Van untergebrachte Kommunikationszentrale betrat, verstummten die Männer. Typisch. Männer beschwerten sich immer, dass Frauen schwierig seien. Sie fand, dass es genau umgekehrt war.
Männer waren problematischer.
Nicht, dass es sie kümmerte, da sie jede Art von persönlicher Beziehung zu Männern aufgegeben hatte. Was ihr Leben viel einfacher machte.
Sie schob die Tür hinter sich zu und fröstelte. Der eisige Wind des Spätherbstes in den Höhenlagen der Bighorn Mountains drang ihr durch sämtliche Kleiderschichten. Sie rieb sich die kalten Hände und sah unwillkürlich zu Hawk, dessen langärmeliges schwarzes Hemd offen stand. Er hatte das T-Shirt, das er darunter trug, hochgeschoben, damit er verkabelt werden konnte.
Er stand da in seiner vollen Größe von über einem Meter fünfundachtzig, lächelte verwegen und sah sie mit seinen schokoladenbraunen Augen an. Sein Blick konnte einen je nach Belieben dahinschmelzen oder erstarren lassen. Unter einem Ärmel seines Hemds lugte eine Tätowierung auf seinem Bizeps hervor, die, wie Abby wusste, einen Falken darstellte.
Die Frauen im Büro schwärmten davon. Abby nicht. Nein, sie war aus härterem Holz geschnitzt.
Über zwei seiner Rippen verlief eine lange, kaum mehr sichtbare Narbe. Auf der Brust hatte er auch eine, die jedoch wesentlich kleiner war. Die erste stammte, wie sie Gerüchten in der Abteilung entnommen hatte, von einem Messer, die zweite von einer Kugel. Abby konnte außerdem gut seine trainierten Muskeln sehen. Er war sehr athletisch.
Hatte sie vor wenigen Sekunden noch gefroren, so wurde ihr jetzt heiß. Warum musste sie auch so genau hinsehen? Vielleicht war sie doch nicht aus härterem Holz geschnitzt. Wie dem auch sei, sie hatte mit den Männern abgeschlossen.
Seufzend ging sie auf ihre Position. Wo sie zum ersten Mal zögerte. Das ärgerte sie. Vor einem Jahr wäre sie bei einem Einsatz beinah ums Leben gekommen. Aber es war nicht geschehen. Und es würde auch hier nicht passieren.
Abby schüttelte die Nervosität ab und schaute sich um, wobei sie erneut Hawks Blick begegnete. Er musterte sie nachdenklich, während er seine kugelsichere Weste anzog. Er besaß eine hohe Auffassungsgabe, das musste sie ihm lassen.
Offenbar hatte er ihr kurzes Zögern bemerkt. Auf keinen Fall würde sie sich auch nur den Anflug von Angst anmerken lassen. Entschlossen setzte sie sich.
Aber wenn sie eine gute Schauspielerin war, dann war er noch viel besser. Seine Miene gab nicht den leisesten Aufschluss darüber, was er dachte.
Das war ihr sowieso egal. Sie hatte hier einen Job zu erledigen. Sie würde in diesem Van bleiben und für die Kommunikation des Teams verantwortli