2 Die vier Wege systemischer Führung
Führen kann respektive muss man lernen, durch Aus- und Weiterbildung, durch Erfahrung, durch Literaturstudium und Selbstreflexion. Die hier vorgeschlagene Systematik bedient sich der Metapher des Weges und meint das durchaus wörtlich. Der Weg muss begangen werden; er ist aber keine Einbahnstrasse.
Die vier Wege Entscheiden, Leiten, Begleiten, Umsetzen verbinden acht verschiedene und allesamt wichtige Pole oder Dimensionen, die Führung aus systemischer Sicht durchdringen. Entlang dieser Erfahrungswege werden die wesentlichen Handlungskompetenzen des Führens erworben, erprobt und zur Reife gebracht. Das Begehen der Wege gleicht einer Pendelbewegung zwischen den Polen, einem Hin und Zurück, und integriert auf diese Weise die Paradoxien der Führung sowie die ambivalenten Entscheidungsgrundlagen, mit denen sich Führungskräfte oft konfrontiert sehen. Die vier Wege systemischer Führung gelten in allen Führungsbereichen und -positionen, denn überall gilt es zu entscheiden, zu leiten, zu begleiten und umzusetzen.
Führung kann einiges zur sozialen Nachhaltigkeit in Mikrosystemen beitragen. Sie kann Menschen ermutigen und ihnen Freiheiten und Entwicklungen zutrauen, sie kann sinnstiftend sein und die Lebensqualität steigern. Gelingt es, anhand der vier Wege zu führen und die beschriebene systemische Grundhaltung einfliessen zu lassen, können Mikrosysteme zu Epizentren sozialer Nachhaltigkeit werden.
Entscheiden, Leiten, Begleiten, Umsetzen – jeder einzelne dieser vier Wege ist ein Königsweg und stellt höchste Ansprüche an Führungskräfte.
Den vier Wegen liegen Spannungsfelder zugrunde, in denen sich Führungskräfte zurechtfinden und in denen sie letztlich ihren eigenen Weg gehen müssen. Beim Entscheiden sind das Innen und das Aussen (in Bezug auf die Organisation) die polaren Dimensionen, beim Leiten ist es das Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft, beim Begleiten dasjenige zwischen den Menschen als Funktionsträger in einem System sowie als Individuen und Persönlichkeiten. Führung pendelt dabei zwischen dem Bedarf an Personal und dem Potenzial der Persönlichkeiten. Beim Umsetzen sind es die Ansprüche von Präsenz und Praxis, die das Spannungsfeld bilden.
Ein Modell ist gut, wenn es einfach ist, aber auch eine längere und intensivere, tiefere und komplexere Auseinandersetzung erlaubt. Des Weiteren sollte es praxistauglich sein – es muss angewendet und umgesetzt werden können. Die jeweils zwei Kompetenzen, die sich aus jedem der Führungswege ergeben, sollen die Anwendbarkeit gewährleisten. Kompetenz bedeutet sowohl Fähigkeit als auch Befugnis. Die nachfolgend formulierten Kompetenzen sollen beiden Bedeutungen gerecht werden. Denn wie unter dem vierten Weg zu sehen sein wird, nützt eine Fähigkeit wenig, wenn sie nicht auch umgesetzt wird.
Die vier Wege werden in der Praxis zu einem Führungshandwerk zusammenfliessen, wie vier Flüsse, die einen gemeinsamen Strom speisen, und je nach Persönlichkeit, nach Aufgabe und Kontext wird einmal der eine, einmal der andere Weg wichtiger sein. Die vier Wege ermöglichen es, sich und sein Handeln zu reflektieren, sich einzuschätzen und sie sollen natürlich auch dazu inspirieren und ermutigen, sich weiterzuentwickeln.
Besondere Situationen mögen dazu Anlass geben, sich zu hinterfragen. Die vier Wege bieten Möglichkeiten, Führung professionell zu lernen und zu lehren. Sie sind ein wirkungsvolles Instrument, Führungserfahrung gezielt aufzubauen, sie zu erforschen und nachhaltig nutzbar zu machen. Dennoch handelt es sich auch hier um ein Modell, das wie alle